Bährens, Svenja

Der Einfluss von Affekt und Aspirationen auf die Risikobereitschaft

Eine experimentelle Studie

Entscheidungen unter Risiko sind ein alltägliches Phänomen, das sowohl im privaten als auch im beruflichen Kontext von großer Bedeutung ist. Warum Menschen risikoavers oder risikofreudig agieren, ist eine zentrale Frage der Entscheidungsforschung. Obwohl kognitive Ansätze oft davon ausgehen, dass Menschen Entscheidungen rational abwägen, zeigen zahlreiche Studien, dass emotionale Reaktionen häufig die Wahl primär beeinflussen können. Besonders dann, wenn es um persönliche Ziele (Aspirationen) geht, spielen Emotionen eine entscheidende Rolle.

Die theoretische Grundlage bildet die Prospekt-Theorie von Kahneman und Tversky (1979), die zeigt, dass Menschen Gewinne und Verluste relativ zu einem Referenzpunkt bewerten. In dieser Studie dienen die Aspirationen der Teilnehmenden als solcher Referenzpunkt. Diese Wahrnehmung der Zielerreichung beeinflusst die emotionale Reaktion und damit das Risikoverhalten. Ergänzt wird dieser Ansatz durch die Risk as Feelings-Theorie (Loewenstein et al., 2001), die betont, dass Emotionen oft stärker als kognitive Bewertungen Entscheidungen steuern. Positive Affekte können laut Theorie zu Risikoaversion führen, während negative Affekte das Gegenteil bewirken.

Ein weiterer Schwerpunkt meiner Studie liegt auf der Leistungsmotivation, die im Risikowahlmodell von Atkinson (1957) beschrieben wird. Dieses Modell beschreibt, dass Entscheidungen von der Hoffnung auf Erfolg und der Furcht vor Misserfolg motiviert werden. Personen, die stark auf Erfolg hoffen, reagieren besonders sensibel auf positive Rückmeldungen, während Menschen mit ausgeprägter Misserfolgsangst stärker auf negatives Feedback reagieren.

Methode

Die Teilnehmenden absolvieren in diesem Experiment zunächst einen kognitiven Leistungstest. Unabhängig von ihren tatsächlichen Ergebnissen erhalten sie anschließend ein Feedback, das ihnen signalisiert, sie hätten ihr selbst gesetztes Ziel entweder übertroffen oder verfehlt. Dieses künstlich erzeugte Erfolgserlebnis bzw. Scheitern löst emotionale Reaktionen aus, anhand derer anschließend geprüft wird, inwieweit sich die Risikobereitschaft verändert. Dabei wird zudem die individuelle Leistungsmotivation erfasst, da Personen mit starker Hoffnung auf Erfolg oder Furcht vor Misserfolg besonders sensibel auf positives bzw. negatives Feedback reagieren.

Der Versuchsaufbau kombiniert zwei Designs: Einerseits werden die Teilnehmenden zufällig einer von zwei Bedingungen (Erfolg vs. Misserfolg) zugeteilt, um die kausale Wirkung des Feedbacks eindeutig beurteilen zu können. Andererseits werden bei allen Teilnehmenden jeweils vor und nach der Rückmeldung sowohl das momentane Gemütsbefinden als auch die Risikoneigung gemessen, um intraindividuelle Veränderungen sichtbar zu machen.

Ergebnisse

Die Ergebnisse zeigen, dass negatives Feedback deutlich stärkere negative Emotionen auslöst und gleichzeitig die Risikobereitschaft signifikant senkt. Positives Feedback hingegen entfacht zwar positive Gefühle, führt aber nicht unmittelbar zu einem deutlich veränderten Verhalten. Erst über einen indirekten Pfad bewirken die positiven Affekte eine leichte Steigerung der Risikoneigung. Der direkte Einfluss der Rückmeldung auf das Entscheidungsverhalten bleibt gering, während emotionale Prozesse als zentrale Vermittler in den Vordergrund rücken.

Darüber hinaus verstärkt die Leistungsmotivation diese Effekte. Teilnehmende mit hoher Erfolgshoffnung erleben nach positivem Feedback intensivere positive Gefühle und zeigen eine ausgeprägtere Zunahme der Risikobereitschaft. Umgekehrt reagieren Personen mit starker Misserfolgsangst auf negatives Feedback mit besonders starkem Rückgang der Risikoneigung. Damit verdeutlichen die Befunde, dass nicht das Feedback selbst ausschlaggebend ist, sondern die daraus resultierenden Emotionen in Kombination mit motivationalen Dispositionen das Ausmaß der Risikobereitschaft bestimmen.

Literatur

Kahneman, D., & Tversky, A. (1979). Prospect Theory: An Analysis of Decision under Risk. Econometrica, 47(2), 263. https://doi.org/10.2307/1914185

Loewenstein, G. F., Weber, E. U., Hsee, C. K., & Welch, N. (2001). Risk as feelings. Psychological Bulletin, 127(2), 267–286. https://doi.org/10.1037/0033-2909.127.2.267

Atkinson, J. W. (1957). Motivational determinants of risk-taking behavior. Psychological Review, 64(6, Pt.1), 359–372. https://doi.org/10.1037/h0043445

Steckbrief

Titel (deutsch): Der Einfluss von Affekt und Aspirationen auf die Risikobereitschaft: Eine experimentelle Studie
Titel (englisch): The Impact of Affect and Aspirations on Risk Proneness: An Experimental Study
Erhebungszeitraum: 03/2025–04/2025
Stichprobe (effektiv): 477
Stand der Informationen: 10.09.2025

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Svenja Bährens

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