Die Zeit heilt keine Wunden
Langfristige Effekte von Greenwashing-Krisen und die Rolle proaktiver Kommunikation
Viele Organisationen stellen sich in ihrer Kommunikation als besonders umweltfreundlich dar, ohne dass ihre tatsächlichen Handlungen dies stützen. Die so entstehende Diskrepanz zwischen dem, was ein Unternehmen in Bezug auf Umwelt- und Nachhaltigkeitsthemen kommuniziert, und dem, was es tatsächlich tut, bezeichnet man als Greenwashing. Dies kann beispielsweise durch irreführende Werbung, unklare Umweltversprechen oder die selektive oder vage Kommunikation einzelner Informationen erfolgen.
Während gerade stattfindende Greenwashing-Skandale oft unmittelbare negative Auswirkungen auf das Image und die Reputation eines Unternehmens haben (Keilmann & Koch, 2023), ist bislang unklar, wie weit zurückliegende Fälle wahrgenommen werden. Bleiben die negativen Effekte über Jahrzehnte hinweg bestehen? Diese Frage ist von großer Bedeutung, da sie Aufschluss darüber geben kann, wie weitreichend der Schaden für ein Unternehmen tatsächlich ist und ob Verbraucher*innen langfristig solche Skandale berücksichtigen.
Die vorliegende Studie untersucht genau diese Fragestellung. Durch die Analyse der Wahrnehmung von Greenwashing-Skandalen über verschiedene Zeiträume hinweg soll ermittelt werden, ob und wie sie sich langfristig auf das Ansehen eines Unternehmens auswirken.
Methode
In dem Experiment prüfen wir, inwiefern Greenwashingfälle, die bereits längere Zeit zurückliegen, die Wahrnehmung von Unternehmen immer noch beeinflussen. Das Projekt ist "Study 2" zu einer bereits durchgeführten Studie, bei der wir bereits 7 verschiedene Zeiträume überprüft haben (1 Monat, 1 Jahr, 5 Jahre, 10 Jahre, 20 Jahre, 50 Jahre, 70 Jahre); auf dieser Basis vergleichen wir nun die Zeiträume 1 Jahr und 50 Jahre und analysieren zusätzlich, ob transparente Kommunikation des Unternehmens zu jenem Vorfall die negativen Effekte abfedern kann. Dazu haben wir ein 2x2 Design aufgestellt bei dem wir einerseits die Zeit manipulieren, wann der Skandal war (Faktor 1: Greenwashingskandal vor einem Jahr vs. vor 50 Jahren), anderseits die proaktive Transparenz des Unternehmens (Faktor 2: Das Unternehmen kommuniziert den Vorfall aktiv vorab vs. keine Vorabkommunikation). Anschließend messen wir als abhängige Variablen u.a. die Reputation, das Image und die Glaubwürdigkeit des Unternehmens. Zudem analysieren wir zugrundeliegende Mechanismen, insbesondere, ob Rezipierende dem Unternehmen vergeben können oder, ob sie (nach vielen Jahren) auch verzeihen können.
Ergebnisse
Die Haupteffekte von Zeit und Stealing Thunder zeigen: Je länger die Greenwashing-Krise zurückliegt, desto positiver bewerten die Teilnehmenden das Unternehmen und auch proaktives Offenlegen von Kriseninformationen führt zu einer positiveren Wahrnehmung. Ein signifikanter Interaktionseffekt zeigt sich nicht. Interessanterweise wird das Image des Unternehmens, das proaktiv kommunizierte, ähnlich gut bewertet wie das des Unternehmens, das gar keine Greenwashing-Krise erlebte. Mediationsanalysen zeigen zudem, dass proaktives Offenlegen die wahrgenommene Transparenz steigert, was die Bereitschaft zu vergeben erhöht und zu einer positiveren Bewertung von Image und Glaubwürdigkeit führt.
Steckbrief
Titel (deutsch): | Die Zeit heilt keine Wunden. Langfristige Effekte von Greenwashing-Krisen und die Rolle proaktiver Kommunikation |
Titel (englisch): | Time Does Not Heal Wounds: Long-Term Effects of Greenwashing Crises and the Role of Proactive Communication |
Erhebungszeitraum: | 03/2025–04/2025 |
Stichprobe (effektiv): | 287 |
Stand der Informationen: | 23.06.2025 |