Von persönlicher Gesundheit bis globaler Bedrohung
Prädiktoren der Informationssuche und -vermeidung im Kontext von Antibiotikaresistenzen
Antibiotikaresistenzen stellen ein zunehmendes Gesundheitsproblem dar und erhalten medial zunehmend mehr Aufmerksamkeit. Allerdings ist bislang in Deutschland wenig über den individuellen Umgang mit Informationen zu diesem bekannt. Der Umgang kann als jegliche kommunikative Aktivität des Suchens und und Vermeidens von Informationen über Antibiotikaresistenzen verstanden werden (Brashers et al., 2002). Diese beiden aktiven Formen des Informationshandelns entscheiden darüber, inwiefern Personen über Gesundheitsrisiken Bescheid wissen, und inwiefern individuelle oder gesellschaftliche Maßnahmen zur Eindämmung dieser Risiken Rückhalt finden (So et al., 2019; Link et al., 2023). Vor diesem Hintergrund fokussiert das Projekt den Umgang mit Informationen über Antibiotikaresistenzen und verfolgt dabei zwei Zielsetzungen:
Erstens wollen wir die individuelle Form des Informationshandelns erklären. Ausgehend von dem integrativen Planned Risk Information Seeking Model (PRISM; Kahlor, 2010; Ou & Ho, 2022) soll das Modell hinsichtlich der Rolle von Emotionen weiterentwickelt werden. Obwohl sie als zentraler Motivator unseres Verhaltens gelten (LeBlanc et al., 2015; Lerner et al., 2015), spielen sie in der Forschung bislang eine untergeordnete Rolle. Statt eines Fokus auf diskrete Emotionen oder der reinen Unterscheidung negativer und positiver affektiver Risikoreaktionen, wird neben der Valenz auch der Aktivierungsgrad der Emotionen erfasst. Zweitens sollen neben Suche und Vermeidung weitere Outcomes erfasst werden. Hierzu zählt die Bereitschaft zur Anschlusskommunikation sowie das Interesse unmittelbare Informationen zu erwerben und wie damit umgegangen wird.
Methode
Zur Prüfung der Modellierung der Prädiktoren der Informationssuche und -vermeidung zum Thema der Antibiotikaresistenzen wurde im Januar 2025 eine Online-Befragung (N = 1.584) der deutschen Bevölkerung ab 18 Jahren mittels eines Online-Access Panels durchgeführt (SoSci-Panel, Leiner, 2016). Die Befragten waren zwischen 18 und 89 Jahre alt (M = 53,2; SD = 15,03; 53,6 % weiblich). Es ist zu beachten, dass sich die Stichprobe durch einen hohen Bildungsstand auszeichnen: 63,5 % der Befragten hat einen Hochschulabschluss erworben, 15,3 % Abitur und 13,5 % einen Haupt- oder Realschulabschluss. Die Operationalisierung beispielweise der Intention zur Suche und Vermeidung sowie von Prädiktoren wie Normen, der Verhaltenskontrolle, der Risikowahrnehmung, affektiver Reaktionen sowie des Wissensstandes basierte auf etablierten Skalen. Die Auswertungen basierten auf Strukturgleichungsmodellierungen.
Ergebnisse
Mit Blick auf die zentralen Ergebnisse soll speziell auf die Informationssuche eingegangen werden. Das berechnete Modelle zur Erklärung der Intention zur Suche nach Informationen über Antibiotikaresistenzen zeigte einen guten Fit. Insgesamt sind die einbezogenen Prädiktoren in der Lage 45,3 % der Varianz der Intention zur Suche zu erklären. Zu den stärksten Prädiktoren einer höheren Suchintention zählen positivere Einstellungen zur Informationssuche, stärker ausgeprägte suchbezogenen Normen und eine höhere Risikowahrnehmung. Bezogen auf die Annahmen des PRISM lassen sich für den Kontext der Antibiotikaresistenzen nur einzelne Pfade nicht bestätigen. Die Suchintention ist nicht mit der wahrgenommenen Verhaltenskontrolle der Befragten assoziiert ist . Ebenso findet sich keine Beziehung zwischen den positiven affektiven Reaktionen und dem wahrgenommenen Informationsdefizit. Die Erweiterung durch eine differenziertere Betrachtung affektiver Zustände erbrachte ebenfalls keinen Mehrwert für das Verständnis der Suchintention.
Generell zeigen die Ergebnisse, dass das Bewusstsein für das Gesundheitsrisiko Antibiotikaresistenz (noch) relativ gering ist. Strategische Maßnahmen, die individuelle Risikowahrnehmungen oder Normen adressieren, könnten zu einer stärkeren Auseinandersetzung mit dem Thema motivieren.
Steckbrief
Titel (deutsch): | Von persönlicher Gesundheit bis globaler Bedrohung: Prädiktoren der Informationssuche und -vermeidung im Kontext von Antibiotikaresistenzen |
Titel (englisch): | From personal health to global threat: predictors of information seeking and avoidance in the context of antibiotic resistance |
Erhebungszeitraum: | 01/2025–02/2025 |
Stichprobe (effektiv): | 1.584 |
Stand der Informationen: | 30.04.2025 |
Kontakt
Elena Link (elena.link@uni-mainz.de)