Wie beeinflussen Botschaftsmerkmale die Entscheidung, an Datenspendenstudien teilzunehmen?
Ein Vignettenexperiment mit Datenspende
Datenspenden sind eine wertvolle neue Methode in der Kommunikationswissenschaft. Sie haben beispielsweise das Potenzial, akkurater zu sein als Selbstauskünfte und weniger von Bias wie sozialer Erwünschtheit betroffen zu sein. Das Potenzial von Datenspenden ist jedoch durch niedrige Teilnahmequoten oft eingeschränkt (Hase & Haim, 2023; Ohme et al., 2023).
Wissenschaftler*innen stehen also vor der Frage, wie man Menschen am besten ansprechen kann, um sie dafür zu motivieren an ihrer konkreten Datenspenden-Studie teilzunehmen.
Wir wollen mit dieser Studie herausfinden, ob verschiedene Botschaftsmerkmale, in der Anfrage Daten zu spenden, die Teilnahmebereitschaft erhöhen könnten. Wir haben verschiedene potenzielle persuasive Botschaftsmerkmale identifiziert (Personalisierung, Aufwand-Framing, Social Norm Nudge, Gain-Loss Framing, Angstapelle und das generelle Framing der Studie). Mit diesem Vignetten Experiment wollen wir nun testen, ob deren (nicht-)Anwendung in einer Anfrage zu einer Datenspende Studie Einfluss darauf haben kann, ob Menschen der Anfrage nachkommen würden, sie diese überzeugend finden und, ob sie die Anfrage manipulativ finden.
Als Beispiel-Studie wird eine Datenspende von Screenshots beschrieben. Die Screenshots zeigen die Suchvorschläge, die Google macht, nachdem das Wort „Klima“ eingetippt wurde.
Um dies nicht nur in einem hypothetischen Setting zu prüfen, haben die Teilnehmer*innen nach der hypothetischen Bewertung der Anfragen auch die Möglichkeit tatsächlich ihre Google-Screenshot Daten zu spenden. Das Erkenntnisinteresse hinter den Screenshots liegt darin, dass wir explorativ untersuchen wollen, wie stark Google seine Suchvorschläge personalisiert, da dies das Such-Verhalten beeinflussen könnte.
Methode
Wir führen ein Vignetten-Experiment durch (Auspurg & Hinz).
Die 64 Vignetten entstehen durch das Variieren von 6 Variablen, welche je 2 Ausprägungen haben (2^6 Design).
Die Botschaftsmerkmale und ihre Ausprägungen sind: Personalisierung (Namentliche Nennung Forscherin ja/nein), Framing Aufwand (hoch/niedrig), Social Norm Nudge (ja/nein), Gain-Loss Framing (Gain/Loss), Angstapelle (ja/nein), generelles Framing (rebellisch/altruistisch).
Die Daten werden wir mithilfe von Mehrebenenanalysen ausgewertet.
Die Screenshots der Datenspende sollen 1) das Google Logo zeigen, 2) die Suchleiste, in der „Klima“ eingetippt ist und 3) die darunter stehende Box mit Suchvorschlägen (z.B. Klima-kleber, Klima-anlage). Der Rest der Website (z.B. offene Tabs) soll nicht zu sehen sein und würde anonymisiert werden.
Ergebnisse
Unsere Ergebnisse waren eindeutig:
• Die Personalisierung und eine Darstellung des Aufwands als einfach zu bewältigende Aufgabe erhöhten die Spendenbereitschaft. Personalisierung führte außerdem dazu, dass die Anfrage als weniger manipulativ empfunden wurde.
• Die Betonung eines Verlusts für die Wissenschaft bei Nicht-Teilnahme senkte hingegen die Spendenbereitschaft und wurde als manipulativ wahrgenommen.
• Angstappelle, Rebellion und Hinweise auf soziale Normen hatten keinen Einfluss auf die Teilnahmebereitschaft – Angstapelle und Rebellion wurden sogar als manipulativ empfunden.
Insgesamt zeigen sich zwar diese relevanten Effekte der Formulierungen, diese sind aber eher klein. Alter, Geschlecht und andere Faktoren, wie Nutzung von Google oder datenschutzrechtliche Bedenken haben kaum einen Einfluss auf die Bewertung der Anfragen.
Fazit: Eine offene und transparente Kommunikation, bei der die tatsächliche Forscherin persönlich um Unterstützung bittet, wirkt am überzeugendsten – und verringert das Gefühl von Manipulation.
Unsere Studie zeigt eindrücklich, dass kleine sprachliche Unterschiede einen Einfluss darauf haben können, ob Menschen bereit sind, an Datenspende-Studien teilzunehmen, auch wenn die Effekte sehr klein sind. Wichtig ist vor allem, sensibel zu bleiben für das, was Menschen als überzeugend, aber nicht manipulativ empfinden könnten, um kein Vertrauen zu verletzen.
Als Ausblick am Ende: Unsere Teilnehmenden hatten am Ende der Studie die Chance selbst die, in der Anfrage beschriebenen, Google-Screenshots, an uns zu spenden! Wir bedanken uns herzlich für die rege Teilnahme an dieser Datenspende! Wir werden diese Screenshots baldmöglichst auswerten, um zu verstehen wie viel Google seine Suchvorschläge personalisiert.
Literatur
Auspurg, K. & Hinz, T. (2015). Factorial survey experiments. Quantitative applications in the social sciences: Bd. 175. SAGE.
Haim, M. & Hase, V. (2023). Computational Methods und Tools für die Erhebung und Auswertung von Social-Media-Daten. In S. Stollfuß, L. Niebling & F. Raczkowski (Hrsg.), Handbuch Digitale Medien und Methoden (S. 1–20). Springer Fachmedien Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-36629-2_41-1
Ohme, J., Araujo, T., Boeschoten, L., Freelon, D., Ram, N., Reeves, B. B. & Robinson, T. N. (2023). Digital Trace Data Collection for Social Media Effects Research: APIs, Data Donation, and (Screen) Tracking. Communication Methods and Measures, 1–18. https://doi.org/10.1080/19312458.2023.2181319
Steckbrief
Titel (deutsch): | Wie beeinflussen Botschaftsmerkmale die Entscheidung, an Datenspendenstudien teilzunehmen? Ein Vignettenexperiment mit Datenspende |
Titel (englisch): | How do Message Features Effect the Decision to Participate in Data Donation Studies? A Vignette Experiment and Data Donation Study |
Erhebungszeitraum: | 01/2025–02/2025 |
Stichprobe (effektiv): | 617 |
Stand der Informationen: | 23.04.2025 |