Keilmann, Juliane & Koch, Thomas

Vergeben und Vergessen?

Langzeiteffekte von Greenwashing-Krisen für Unternehmen.

Aufgrund der fortschreitenden Klimakrise wächst der Druck auf Unternehmen, sich nachhaltig zu engagieren. Um dem zu begegnen, präsentieren sich Unternehmen teilweise grüner als sie es tatsächlich sind. Nehmen Rezipierende diese Diskrepanz zwischen grüner Kommunikation und tatsächlichem Nachhaltigkeitsengagement des Unternehmens wahr, spricht man von Greenwashing. Die Forschung zeigt, dass Greenwashing negative Konsequenzen für Unternehmen haben kann: Die Bewertung von Reputation und Glaubwürdigkeit verschlechtern sich, die Kaufbereitschaft nimmt ab. Eine Greenwashing-Krise kann für ein Unternehmen also weitreichende negative Folgen mit sich bringen, die es bewältigen muss, um diese Effekte abzupuffern.

Während die Greenwashing-Forschung sich insbesondere mit kurzfristigen Folgen des Phänomens beschäftigt, gibt es zu langfristigen Folgen bisher kaum Erkenntnisse. Daher möchte diese Studie untersuchen, ab welchem Zeitpunkt eine Greenwashing-Krise keine nennenswerte Bedeutung mehr für die Wahrnehmung des Unternehmens hat: Wieviel Zeit muss vergehen, bis Rezipierende einem Unternehmen eine Greenwashing-Krise verzeihen bzw. bis diese keine Rolle mehr für ihre Bewertung des Unternehmens spielt?

Methode

Um die Forschungsfrage zu beantworten, haben wir ein Experiment durchgeführt: Die Teilnehmenden erhielten zunächst einen kurzen Vorstellungstext eines fiktiven Modeunternehmens. Im Anschluss daran wurden alle EGs mit einem Zeitungsartikel konfrontiert, der über eine Greenwashing-Krise des Unternehmens berichtet. Dabei wurde der Zeitraum, den die Krise zurückliegt variiert: 1 Monat, 1 Jahr, 5 Jahre, 10 Jahre, 25 Jahre, 50 Jahre und 70 Jahre. Daraus ergeben sich zusätzlich zur KG sieben EGs. Die KG erhält keinen Zeitungsartikel und wird damit nicht mit einer Greenwashing-Krise konfrontiert. Nach der Präsentation der Stimuli wurden die Teilnehmenden u.a. hinsichtlich Glaubwürdigkeit und Image des Unternehmens sowie Forgiveness und Obsolescence befragt.

Ergebnisse

Die Ergebnisse der ANOVAs (uV: Zeit, die die Greenwashing-Krise zurückliegt (keine Krise/1 Monat/1 Jahr/5 Jahre/10 Jahre/25 Jahre/50 Jahre/70 Jahre); aVs: Image bzw. Glaubwürdigkeit des Unternehmens) zeigen signifikante Effekte: Lag keine Krise vor (KG) wurde das Unternehmen je am besten bewertet.

Ob die Krise 1 Monat, 1 Jahr, 5 Jahre, 10 Jahre, 25 Jahre oder 50 Jahre zurückliegt, hat kaum einen Einfluss auf die Bewertung des Images, es wird ähnlich negativ bewertet. Lediglich nach 70 Jahren wird das Image signifikant besser bewertet im Vergleich zum Image eines Unternehmens, dessen Krise 1 Monat oder 1 Jahr zurückliegt.

Auch hinsichtlich der Glaubwürdigkeit macht es kaum einen Unterschied, ob die Krise 1 Monat, 1 Jahr, 10 Jahre 25 Jahre oder 50 Jahre zurückliegt. Die Bewertung ist ähnlich negativ. Liegt die Krise 70 Jahre zurück, wird das Unternehmen als signifikant glaubwürdiger bewertet als das Unternehmen, dessen Krise 1 Monat zurückliegt.

Zuletzt haben wir getestet, inwiefern dieser Effekt der Zeit, die die Krise zurückliegt, auf die Wahrnehmung des Unternehmens mediiert wird durch Forgiveness und Obsolescence. Die Mediationsanalyse (0 = 1 Monat, 1 = 70 Jahre) zeigt, dass wenn die Krise länger zurückliegt, Rezipierende eher bereit sind, dem Unternehmen zu vergeben. Außerdem wird die Krise dann in der Bewertung des Unternehmens eher obsolet. Beides wirkt sich positiv auf Image und Glaubwürdigkeit des Unternehmens aus.

Steckbrief

Titel (deutsch): Vergeben und Vergessen? Langzeiteffekte von Greenwashing-Krisen für Unternehmen.
Titel (englisch): Forgive and Forget? The Lasting Impact of Greenwashing Crises on Organizations.
Erhebungszeitraum: 11/2024
Stichprobe (effektiv): 593
Stand der Informationen: 17.03.2025

Kontakt

juliane.keilmann@uni-mainz.de

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