Personalisierung entlang der Customer Journey
Wirkmechanismen verstehen und nutzen
Einzelhändler personalisieren zunehmend Touchpoints, um Kunden in deren individuellen Kontexten besser zu bedienen (Kuehnl et al., 2019) und die wahrgenommene Qualität der Customer Journey zu verbessern (Jaakkola & Terho, 2021). Personalisierung beschreibt dabei die Anpassung von Produkten und Kauferfahrungen [d.h. Touchpoints] an den Geschmack einzelner Konsumenten auf der Grundlage ihrer persönlichen Informationen und Präferenzen (Chellappa & Sin, 2005, S. 181). Touchpoints beziehen sich auf jede Interaktion zwischen einem Unternehmen und seinen Kunden, die sich in ihrer Art (d. h. menschlich, digital, physisch) und dem Stadium der Customer Journey, in dem sie auftreten (d. h. vor dem Kauf, nach dem Kauf), unterscheiden (De Keyser et al., 2020).
Aufgrund der zunehmenden Anzahl und des technologischen Fortschritts, der digitale und physische Touchpoints miteinander verbindet, werden Customer Journeys immer komplexer und kundenspezifischer (Brough et al., 2023). Darüber hinaus zeigt die Personalisierungsforschung, dass Kunden eine Abwägung zwischen den Vorteilen (z. B. Nutzen der Personalisierung) und den Kosten (z. B. Bedenken hinsichtlich der Privatsphäre) der Personalisierung eingehen. Ob ein personalisierter Touchpoint effektiv ist oder nicht, hängt also hauptsächlich von den einzelnen Kunden und ihrem subjektiv wahrgenommenen Personalisierungskompromiss ab (Karwatzki et al., 2017). Bis heute ist weitgehend unklar, ob sich die Personalisierungspräferenzen der Kunden je nach Art des Touchpoints unterscheiden (Mehmood et al., 2023) und wie sich die Datenschutzbedenken der Kunden während der Customer Journey entwickeln (Martin & Palmatier, 2020). Um diese Forschungslücken zu schließen, stellen wir die folgende Forschungsfrage: (Wie) variieren die Personalisierungspräferenzen und Datenschutzbedenken der Kunden je nach Art des Touchpoints und der Customer Journey?
Methode
Wir haben ein Szenario-basiertes Experiment entwickelt, um die Personalisierung von Touchpoints in verschiedenen Phasen der Customer Journey im Einzelhandel anhand von Szenarien zu simulieren. Das Experiment beinhaltet einen Zwischensubjektfaktor (Art des Touchpoints: digital, menschlich, physisch) und einen Innersubjektorfaktor (Phasen der Customer Journey: Vorkauf-, Kauf-, Nachkaufphase).
Im ersten Teil der Online-Umfrage werden die Teilnehmenden hinsichtlich ihren jüngsten Produktkäufen bei einem Omnichannel befragt. Im zweiten Teil werden die Teilnehmenden zufällig einem der drei Zwischensubjektfaktoren zugeordnet und beantworten, basierend auf drei Szenarien, in denen die Personalisierung innerhalb den Customer Journey Phasen simuliert wird, Fragen zu den relevanten Konstrukten (i.S.v. Privatsphärebedenken und Personalisierungspräferenzen).
Die Daten sollen anschließend mithilfe von SPSS inferenzstatistisch mittels MANOVAs und repeated-measures ANOVAs getestet werden.
Ergebnisse
Diese Studie erweitert die Forschung zu Customer Journeys und Personalisierung, indem sie untersucht, wie Konsumentinnen den Trade-off zwischen den Vorteilen der Personalisierung und möglichen Datenschutzbedenken über unterschiedliche Touchpoints (z. B. markengesteuerte vs. mitarbeitergesteuerte, online vs. offline) und Phasen der Customer Journey (Vorkauf, Kauf, Nachkauf) hinweg ausbalancieren.
Die Ergebnisse zeigen, dass der Personalisierungs-Datenschutz-Kalkül stark vom jeweiligen Touchpoint-Typ abhängt. Während markengesteuerte Touchpoints im Allgemeinen eine positivere Bewertung erfahren, überwiegen bei mitarbeitergesteuerten Touchpoints oft die Datenschutzbedenken gegenüber den wahrgenommenen Vorteilen. Damit betont die Studie, wie stark das jeweilige Setting – definiert durch die beteiligten Akteurinnen und die Art des Touchpoints – die Einschätzung von Personalisierung beeinflusst. Darüber hinaus widerlegen die Ergebnisse die Annahme von Aiello et al. (2020), dass die Datenschutzsorgen der Konsumentinnen mit fortschreitender Journey abnehmen. Stattdessen zeigt sich ein über alle Phasen hinweg stabiler Kalkül, was dafür spricht, dass Konsument*innen bereits zu Beginn ihrer Customer Journey konkrete Datenschutzerwartungen entwickeln und diese im weiteren Verlauf beibehalten. Damit verdeutlicht die Studie die Notwendigkeit, Personalisierung als dynamisches und kontextspezifisches Phänomen zu betrachten, anstatt von einer einheitlichen, über die gesamte Customer Journey unveränderten Wirkung auszugehen.
Literatur
Aiello, Gaetano, Raffaele Donvito, Diletta Acuti, Laura Grazzini, Valentina Mazzoli, Virginia Vannucci, and Giampaolo Viglia (2020), “Customers’ Willingness to Disclose Personal Information throughout the Customer Purchase Journey in Retailing: The Role of Perceived Warmth,” Journal of Retailing, 96 (4), 490–506. https://10.1016/j.jretai.2020.07.001.
Brough, Aaron R., Bernadette Kamleitner, and Kelly D. Martin (2023), “Physical and Digital Privacy: How Developed and Developing Countries Differ in Both Vulnerability and Protection,” Journal of International Marketing https://10.1177/1069031X231201362.
De Keyser, Arne, Katrien Verleye, Katherine N. Lemon, Timothy L. Keiningham, and Philipp Klaus (2020), “Moving the Customer Experience Field Forward: Introducing the Touchpoints, Context, Qualities (TCQ) Nomenclature,” Journal of Service Research, 23 (4), 433–55. https://10.1177/1094670520928390.
Mehmood, Khalid, Katrien Verleye, Arne de Keyser, and Bart Larivière (2023), “Piloting personalization research through data-rich environments: a literature review and future research agenda,” Journal of Service Management, 34 (3), 520–52. https://10.1108/JOSM-10-2021-0405.
Steckbrief
Titel (deutsch): | Personalisierung entlang der Customer Journey: Wirkmechanismen verstehen und nutzen |
Titel (englisch): | Understanding the effects of personalization along the customer journey |
Erhebungszeitraum: | 10/2024 |
Stichprobe (effektiv): | 233 |
Stand der Informationen: | 08.01.2025 |
Weitere Informationen
https://www.bwi.uni-stuttgart.de/abt6/