Nicht-gemochte Personen in den Medien
In unserem Alltag begegnen wir ständig Menschen in den Medien – beispielsweise Schauspieler:innen, Moderator:innen oder Politiker:innen. Zu diesen Personen entwickeln wir oft Beziehungen, die denen zu Personen in unserem direkten Umfeld ähneln. Solche Beziehungen werden in der Forschung als parasoziale Beziehungen bezeichnet (Horton & Wohl, 1956). Sie sind zwar einseitig (d.h. die Medienperson weiß nichts von uns und interagiert nicht direkt mit den Zuschauern oder Nutzern), können aber sehr intensiv und emotional sein. Bisher hat sich die Forschung vor allem auf positive parasoziale Beziehungen zu Medienpersonen konzentriert (z.B. Freundschaften oder romantische Beziehungen) (Liebers & Schramm, 2023). In den Medien begegnen uns jedoch auch häufig Personen, die wir nicht mögen bzw. nicht leiden können. Auch zu diesen Personen können sich Beziehungen entwickeln - negative parasoziale Beziehungen, die bislang jedoch noch kaum untersucht worden sind (Tukachinsky Forster & Click, 2023). Es ist weitgehend unbekannt, welche Faktoren zur Etablierung von negativen parasozialen Beziehungen (Negative Parasocial Relationships; NPSR) führen und welche Konsequenzen sie für die Rezipient/innen haben. Die vorliegende Studie untersuchte daher, welche Personen in den Medien besonders negativ bewertet werden, inwieweit sich die Zuschauer/Nutzer von ihnen bedroht fühlen und welche Handlungsfolgen (i.S.v. Annäherung versus Vermeidung) sich daraus ergeben.
Methode
Die Studien-Teilnehmer:innen sollten entweder eine/n Politiker:in oder eine/n andere/n Medienakteur:in nennen, die sie nicht mögen. Anschließend sollten Fragen zu negativen Reaktionen bzw. Gefühlen, zur wahrgenommenen Bedrohung durch die genannte Person sowie zur Qualität und Intensität der Beziehung zu der genannten Person beantwortet werden. Schließlich sollten die Teilnehmer:innen angeben, wie sie sich gegenüber der genannten Person verhalten, d.h., ob sie mediale Begegnungen eher vermeiden wollten oder trotz Abneigung danach suchen.
Ergebnisse
Die Ergebnisse bestätigen im Wesentlichen die vermuteten Unterschiede bzw. Zusammenhänge. 1) Die Teilnehmer:innen konnten sowohl Politiker:innen als auch andere Medienpersonen nennen, die sie nicht mögen. Dabei fiel es leichter, nicht gemochte Politiker:innen zu nennen. 2) Die negativen Emotionen gegenüber den genannten Politiker:innen waren ausgeprägter als gegenüber den genannten anderen Medienpersonen (z.B. Schauspieler:innen; Influencer:innen). Gleichzeitig empfanden die Teilnehmer:innen bei ersteren ein größeres (symbolisches und realistisches) Bedrohungpotential (z.B. im Hinblick auf das psychologische und/oder materielle Wohlergehen). 3) Vermeidungstendenzen waren generell stärker ausgeprägt als Annäherungstendenzen, überwogen jedoch bei den genannten Politiker:innen deutlicher als bei den anderen Kategorien von Medienpersonen.
Literatur
Click, M. A., & Tukachinsky Forster, R. (2023). Beyond Friendship: A Call for Research on Non-amicable Parasocial Relationships. In R. Tukachinsky Forster (Ed.), The Oxford Handbook of Parasocial Experiences (pp. 375–392). Oxford University Press. https://doi.org/10.1093/oxfordhb/9780197650677.013.17
Horton, D., & Wohl, R. (1956). Mass Communication and Parasocial Interaction: Observations on Intimacy at a Distance. Psychiatry, 19(3), 215–229.
Liebers, N., & Schramm, H. (2023). The History and Scope of Parasocial Research. In R. Tukachinsky Forster (Ed.), The Oxford Handbook of Parasocial Experiences (pp. 13–32). Oxford University Press. https://doi.org/10.1093/oxfordhb/9780197650677.013.1
Steckbrief
Titel (deutsch): | Nicht-gemochte Personen in den Medien |
Titel (englisch): | Non-amicable media-persona |
Erhebungszeitraum: | 09/2024 |
Stichprobe (effektiv): | 763 |
Stand der Informationen: | 02.01.2025 |