Hällfritzsch, Maria; Sczesny, Sabine; Hüffmeier, Joachim & Zacher, Hannes

Wie reagieren Menschen auf Jobtitel in geschlechter-inklusiver Sprache?

Wie wirkt sich die Sprachform eines Jobtitels auf die Bewerbungsintentionen von Männern und Frauen aus und warum? Studien haben bereits gezeigt, dass mehr an Frauen gedacht wird, wenn Berufsbezeichnungen eine weibliche Form beinhalten (z.B. „SchauspielerInnen“ im Vergleich zu „Schauspieler“; Schunack & Binanzer, 2022). Das könnte dazu führen, dass Frauen sich eher explizit angesprochen fühlen, wenn Jobtitel geschlechterinklusiv formuliert sind und sich deshalb mehr zu diesen Jobs zugehörig fühlen (Hentschel et al., 2018; Stout & Dasgupta, 2011). Eine höhere erwartete Zugehörigkeit kann wiederum dazu führen, dass Frauen sich auch lieber auf Jobs bewerben, die in einer geschlechterinklusiven Wortform präsentiert werden.

Allerdings gibt es auch Hinweise darauf, dass das Ansehen eines Berufs als niedriger eingeschätzt wird, wenn er in einer geschlechterinklusiven Sprachform beschrieben wird (Horvath et al., 2016; Vervecken & Hannover, 2015). Eine mögliche Erklärung dafür ist, dass das weibliche Geschlecht mit weniger Ansehen assoziiert wird als das männliche Geschlecht. Menschen wollen aber gern in Jobs mit hohem Ansehen arbeiten (Anderson et al., 2015). Deshalb könnte ein über geschlechterinklusive Sprache reduziertes subjektives Ansehen des Jobs dazu führen, dass Personen sich weniger gern auf Jobs bewerben, die geschlechterinklusiv ausgeschrieben sind.

Methode

Wir haben sechs fiktive Stellenausschreibungen (bspw. für LKW-Fahrer [m/w/d] oder Grundschullehrer*innen) erstellt und die Jobtitel in vier Sprachformen variiert: 1) Maskulinum + m/w/d, z.B. "Verkäufer (m/w/d)", 2) Wortpaar, z.B. "Verkäufer oder Verkäuferin", 3) Genderstern, z.B. "Verkäufer*in", 4) Femininum + m/w/d, z.B. "Verkäuferin (m/w/d)". Teilnehmende lasen alle sechs Stellenausschreibungen in jeweils nur einer Sprachform. Dann beantworteten sie Fragen dazu, wie zugehörig sie sich dem Job fühlen, wie hoch sie das Ansehen des Jobs einstufen würden und wie wahrscheinlich sie sich auf den Job bewerben würden. Für die Datenanalyse teilten wir unsere Teilnehmende in Männer und Frauen auf und errechneten, in welcher Sprachform und für welches Geschlecht die Bewerbungsabsicht am höchsten ist. Zusätzlich analysierten wir, ob die erwartete Zugehörigkeit und das Ansehen des Jobs erklären können, wie die Sprachform die Bewerbungsabsicht beeinflusst. Außerdem untersuchten wir, ob mehr an Frauen gedacht wird, wenn Berufsbezeichnungen eine weibliche Form beinhalten.

Ergebnisse

In unserer Stichprobe fühlten sich Frauen eher zu Jobs zugehörig, die in einer femininen + m/w/d Form ausgeschrieben waren, als zu Jobs, die in einer maskulinen + m/w/d Form ausgeschrieben waren. Das erhöhte Gefühl der Zugehörigkeit führte dazu, dass Frauen sich auch lieber auf Jobs bewerben wollten, die in einer femininen + m/w/d Form ausgeschrieben waren. Bei Männern war die empfundene Zugehörigkeit höher für Jobtitel im Maskulinum + m/w/d und im Wortpaar als beim Femininum + m/w/d. Auch hier führte die erhöhte Zugehörigkeit zu einer höheren Bewerbungsabsicht. Entgegen unserer Erwartung beeinflusste die Sprachform des Jobtitels nicht das Ansehen aller sechs Jobs. Allerdings schätzten Teilnehmende das Ansehen von Berufen mit einer balancierten Geschlechterverteilung als niedriger ein, wenn diese Berufe im Wortpaar, Genderstern, oder in der femininen + m/w/d Form präsentiert wurden (im Vergleich zur maskulinen + m/w/d Form). Für typisch weibliche Berufe haben wir genau das Gegenteil gefunden: Ihr Ansehen wurde höher bewertet, wenn die Jobs im Wortpaar, Genderstern, oder in der femininen + m/w/d Form präsentiert wurden. Bei typisch männlichen Berufen gab es keinen Effekt der verwendeten Sprachform.

Wir konnten außerdem die Ergebnisse früherer Studien bestätigen: Bei Jobs im Wortpaar, Genderstern, oder in der femininen + m/w/d Form dachten Teilnehmende, dass mehr Frauen in diesen Jobs arbeiten, als wenn dieselben Jobs in der maskulinen + m/w/d Form präsentiert wurde. Ebenso dachten die Teilnehmenden bei diesen Formen eher, dass eine Frau für die Stelle gesucht wird, als bei der maskulinen + m/w/d Form.

Literatur

Anderson, C., Hildreth, J. A. D., & Howland, L. (2015). Is the desire for status a fundamental human motive? A review of the empirical literature. Psychological Bulletin, 141(3), 574–601. https://doi.org/10.1037/a0038781

Hentschel, T., Horvath, L. K., Peus, C., & Sczesny, S. (2018). Kick-starting female careers: Attracting women to entrepreneurship programs. Journal of Personnel Psychology, 17(4), 193–203. https://doi.org/10.1027/1866-5888/a000209

Horvath, L. K., Merkel, E. F., Maass, A., & Sczesny, S. (2016). Does gender-fair language pay off? The social perception of professions from a cross-linguistic perspective. Frontiers in Psychology, 6. https://doi.org/10.3389/fpsyg.2015.02018

Schunack, S., & Binanzer, A. (2022). Revisiting gender-fair language and stereotypes – A comparison of word pairs, capital I forms and the asterisk. Zeitschrift Für Sprachwissenschaft, 41(2), 309–337. https://doi.org/10.1515/zfs-2022-2008

Stout, J. G., & Dasgupta, N. (2011). When he doesn’t mean you: Gender-exclusive language as ostracism. Personality and Social Psychology Bulletin, 37(6), 757–769. https://doi.org/10.1177/0146167211406434

Vervecken, D., & Hannover, B. (2015). Yes I can!: Effects of gender fair job descriptions on children’s perceptions of job status, job difficulty, and vocational self-efficacy. Social Psychology, 46(2), 76–92. https://doi.org/10.1027/1864-9335/a000229

Steckbrief

Titel (deutsch): Wie reagieren Menschen auf Jobtitel in geschlechter-inklusiver Sprache?
Titel (englisch): How do people react to job titles in gender-inclusive language?
Erhebungszeitraum: 07/2024–09/2024
Stichprobe (effektiv): 506
Stand der Informationen: 09.01.2025

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Maria Hällfritzsch

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