Frauhammer, Luna & Dreston, Jana

Wie gedankliche Elaboration das Lernen durch soziale Medien fördert

Ein Feldexperiment

Soziale Medien werden immer häufiger genutzt, um sich über aktuelle Themen zu informieren. Allerdings zeigt die Forschung, dass diese Nutzung nicht unbedingt zu echtem Wissenszuwachs führt (Amsalem & Zoizner, 2022). Stattdessen fühlen sich viele Menschen lediglich so, als wüssten sie mehr, obwohl ihr tatsächliches Wissen oft unverändert bleibt oder sogar geringer ist (Lee et al., 2022). Warum das so ist, ist bisher nicht vollständig geklärt.

Das „Cognitive Mediation Model“ (Eveland, 2001), besagt, dass der Wissenszuwachs davon abhängt, wie viel Aufmerksamkeit und Nachdenken, sogenannte Elaboration, jemand in die Verarbeitung von Medieninhalten investiert. Studien zeigen, dass dies auch auf die Nutzung sozialer Medien zutrifft (Ho et al., 2017). Wer sich dort intensiver mit den Inhalten auseinandersetzt, lernt tatsächlich mehr.

Wir gingen jedoch davon aus, dass Menschen in sozialen Medien im Durchschnitt weniger Elaboration in die Verarbeitung von Informationen stecken als bei traditionellen Nachrichtenquellen, wie Zeitungen und Abendnachrichten. Dies könnte erklären, warum sie weniger lernen.

Methode

Wir haben ein Feldexperiment durchgeführt, in dem wir untersucht haben, wie gut Menschen Informationen auf verschiedenen Wegen verarbeiten – über zwei verschiedene Instagram-Accounts und über einen Newsletter. Der Newsletter und die Social-Media-Kanäle lieferten genau die gleichen Informationen, nur in einem anderen Kontext. Die beiden Social-Media-Kanäle unterschieden sich darin, dass einer der Kanäle zusätzliche Fragen postete, die die Nutzenden zum Nachdenken anregen sollte (Elaboration). Alle Teilnehmer wurden jeweils einer Bedingung zugeteilt, das heißt alle Teilnehmer sahen die Informationen nur über einen der verschiedenen Kanäle (Social Media einfach, Social Media mit Elaborationsfragen, Newsletter).

Unsere Hypothesen waren, dass Menschen, die den Newsletter lesen, mehr lernen würden als diejenigen, die nur Social Media nutzen. Außerdem gingen wir davon aus, dass die Follower des Social-Media-Kanals mit den Fragen mehr lernen würden als die, die nur die einfachen Beiträge sahen. Schließlich erwarteten wir, dass alle Gruppen nach dem Erhalt der Informationen durch die verschiedenen Medien ihr Wissen zum Thema höher einschätzen würden als zuvor. Zusätzlich wollten wir herausfinden, ob Multitasking, die Motivation, etwas zu lernen, und die Erwartungen an die Inhalte einen Einfluss darauf haben, wie gut die Informationen auf Social Media aufgenommen werden.

Ergebnisse

Nachdem alle Teilnehmer eine Woche lang dieselben Informationen zum Thema Tiefsee durch die drei verschiedenen Kanäle erhalten hatten, nahmen sie an einer Nachbefragung teil. Hierbei prüften wir, wie viel sie gelernt hatten. Die Ergebnisse zeigten, dass die Newsletter-Leser sich deutlich mehr Informationen merken konnten als die Social-Media-Follower, die nur die einfachen Beiträge sahen. Doch die Follower des Social-Media-Kanals mit den zusätzlichen Fragen lernten genauso viel wie die Newsletter-Leser.

Insgesamt deuten die Ergebnisse darauf hin, dass es durchaus möglich ist, über soziale Medien zu lernen – aber nur, wenn die Inhalte so gestaltet sind, dass sie zum Nachdenken anregen. Dann kann durch Social Media sogar noch mehr gelernt werden als durch traditionellere Medien. Ersteller von Social-Media-Inhalten, die ihre Follower wirklich informieren wollen, sollten also versuchen, diese Art der Verarbeitung zu fördern.

Literatur

Amsalem, E., & Zoizner, A. (2022). Do people learn about politics on social media? A meta-analysis of 76 studies. Journal of Communication, 3–13. https://doi.org/10.1093/joc/jqac034

Eveland, W. P. (2001). The Cognitive Mediation Model of Learning From the News: Evidence From Nonelection, Off-Year Election, and Presidential Election Contexts. Communication Research, 28(5), 571–601. https://doi.org/10.1177/009365001028005001

Ho, S. S., Yang, X., Thanwarani, A., & Chan, J. M. (2017). Examining public acquisition of science knowledge from social media in Singapore: An extension of the cognitive mediation model. Asian Journal of Communication, 27(2), 193–212. https://doi.org/10.1080/01292986.2016.1240819

Lee, S., Diehl, T., & Valenzuela, S. (2022). Rethinking the Virtuous Circle Hypothesis on Social Media: Subjective versus Objective Knowledge and Political Participation. Human Communication Research, 48(1), 57–87. https://doi.org/10.1093/hcr/hqab014

Steckbrief

Titel (deutsch): Wie gedankliche Elaboration das Lernen durch soziale Medien fördert - Ein Feldexperiment
Titel (englisch): How mental elaboration promotes learning through social media - A field experiment
Erhebungszeitraum: 07/2024
Stichprobe (effektiv): 663
Stand der Informationen: 21.10.2024

Weitere Informationen

https://www.uni-due.de/media-psych-edu/index_en.php

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