Haltung zeigen

Wie Mitarbeitende die öffentliche Positionierung ihres Arbeitgebers zu kontroversen gesellschaftspolitischen Themen wahrnehmen

Wirtschaftsorganisationen äußern sich eher selten zu kontroversen gesellschaftspolitischen Themen und beziehen noch seltener eindeutig Position für einen bestimmten Standpunkt. Für diese Form der Äußerung gibt es in der wissenschaftlichen Literatur verschiedene Bezeichnungen, wobei sich bei dieser Arbeit für den Begriff der Corporate Social Advocacy und dessen Verständnis entschieden wurde. Darunter werden gemeinhin „controversial, contemporary, and overt statements made by corporations on social issues that are unrelated to their business considerations” (Parcha, Kingsley & Westerman, 2020, S. 351) verstanden. Im Gegensatz zum weitverbreiteten Konzept der Corporate Social Responsibility werden hier eher kontroverse Themen behandelt. Der Fokus liegt auch mehr auf Kommunikation allein und nicht auf dazugehörigen Handlungen. Kennzeichnend ist zudem, dass es keine (offensichtliche) Verbundenheit zwischen dem Thema der Äußerung und dem unternehmerischen Kerngeschäft gibt. Diese Positionierungen lösen aber auch kritische Reaktionen aus. Immer wieder entstehen etwa in sozialen Medien kritische Diskussionen über die organisationale Unterstützung bestimmter Anliegen, beispielsweise aus den Bereichen Diversität oder Migration. Bisherige Forschung setzt sich eher mit der Frage auseinander, in welcher Form und aus welchen Motiven heraus die Unternehmen öffentlich Stellung beziehen oder wie diese Positionierungen auf die externe Öffentlichkeit wirken. Weniger im Fokus stand bislang die Frage, wie Mitarbeitende die Positionierung ihrer Arbeitgeber zu kontroversen und aktuellen gesellschaftspolitischen Themen wahrnehmen. Dieser Aspekt soll in der Studie untersucht werden.

Methode

Wir führen eine quantitative Befragung durch. Der Fragebogen wurde mit SoSciSurvey programmiert. Die Beantwortung des Fragebogens dauert durchschnittlich etwa zwischen 12 bis 15 Minuten. Diverse Konstrukte, die wir erfassen möchten, beinhalten unter anderem intrinsische Motivation, Vertrauen, organisationaler Stolz, organisationale Identifikation und Commitment. Weitere Items zielen darauf ab, festzustellen, inwiefern Unternehmen überhaupt Corporate Social Advocacy betreiben, in welchem (wahrgenommenen) Rahmen dies geschieht und wie Mitarbeitende diese Advocacy bei ihrem eigenen und anderen Unternehmen bewerten.

Ergebnisse

Unternehmen und deren Vertreter:innen äußern sich immer häufiger zu aktuellen gesellschaftspolitischen Ereignissen, wie politische Interessenskonflikte, Kriege und identitätspolitische Bewegungen. Sie beziehen hierzu Stellung, was unter „Corporate Social Advocacy“ (CSA) bekannt ist. Während sich die bisherige Forschung auf die Wirkung solcher Stellungnahmen auf die Stakeholder der Organisationen fokussiert, betrachtet die durchgeführte Studie die Wirkung von CSA-Aussagen auf die eigenen Mitarbeitenden. Anhand einer Online-Befragung wurde untersucht, wie Mitarbeitende die öffentliche Positionierung ihres Arbeitsgebers zu kontroversen gesellschaftspolitischen Themen wahrnehmen. Im Vergleich zu anderen Unternehmen wurde gezeigt, dass die Befragten tendenziell etwas höhere Erwartungen an ihren eigenen Arbeitgeber hatten. Zeitgleich sahen die Befragten diese bei ihrem Arbeitgeber eher erfüllt als bei anderen Unternehmen. Mithilfe von zwei Fits (Mitarbeitende–CSA-Thema Fit; Organisation–CSA-Thema Fit) wurde zudem der Einfluss von CSA-Aussagen auf verschiedene arbeitspsychologische Faktoren untersucht. Es wurde gezeigt, dass sowohl der Mitarbeitende–CSA-Thema Fit als auch der Organisation–CSA-Thema Fit einen indirekten positiven Effekt auf das Commitment der Mitarbeitenden zu ihrem Arbeitgeber haben, welcher durch a) organisationale Identifikation, b) organisationaler Stolz und c) Vertrauen mediiert wird.

Steckbrief

Kontakt

leweis@students.uni-mainz.de