Liebert, Martina

Depolarisierung auf Social Media

Kombination von Cross-Cutting und Perspektivenübernahme sowie Empathie auf die affektive Polarisierung im Schweizer Kontext

Theoretischer Hintergrund

Unterschiedliche Meinungen und Standpunkte in der Gesellschaft waren schon immer wichtig und notwendig für eine funktionierende Demokratie, können aber auch zu Risiken für Staaten und deren Gesellschaft führen, wenn sich die Meinungsunterschiede zu einer politischen Polarisierung entwickeln. Insbesondere Entwicklungen der Polarisierungsart affektive Polarisierung werden genau analysiert, da diese Polarisierung nicht nur die Politik sondern die gesamte Bevölkerung betreffen kann. Auch Social Media mit ihren Diskursplattformen und möglichen Polarisierungstendenzen steht im Fokus der Forschung. Um zukünftige nationenübergreifende Probleme als Gemeinschaft anzugehen und nicht als gespaltene Gesellschaft, ist es unumgänglich, sich mit Depolarisierungsstrategien auseinanderzusetzen. Strategien wie die Konfrontation mit oppositionellen Meinungen (Cross-Cutting) und die Perspektivenübernahme aus der Sozialpsychologie könnten vor allem auf Social Media zur Depolarisierung beitragen. Diese Arbeit beantwortete aus diesem Grund die Frage, ob die Kombination von Cross-Cutting und Perspektivenübernahme als Depolarisierungsstrategie auf Social Media helfen könnte, die affektive Polarisierung zu verkleinern. Die Studie erweitert die bisherige Forschung durch diese Kombination und insbesondere durch den Fokus auf die Schweiz als Mehrparteien- und Konsensdemokratie im Kontrast zu den USA, in welcher der grösste Teil der bisherigen Forschung zur Polarisierung durchgeführt wurde. Die Studie hat zudem eine gesellschaftliche Relevanz, indem sie Depolarisierungsstrategien auf Social Media für die Schweizer Bevölkerung untersucht und praxisnahe Beispiele für die generelle Depolarisierung auf Social Media analysiert.

Methode

Es wurde ein Online-Umfrage-Experiment in der Schweiz durchgeführt, bei welchem ein vollständig fiktiver Social Media Beitrag zum Thema Fleischkonsum verwendet wurde. Teilnehmende im Experiment wurden mit keiner, einer oder einer Kombination beider Strategien (Cross-Cutting und Perspektivenübernahme) konfrontiert, was eine Analyse der Auswirkungen der Strategien auf die affektive Polarisierung ermöglichte. So wurden den Teilnehmenden zum einen ein Social Media Beitrag (mit Kommentar unter dem Beitrag) und zum anderen eine Aufforderung zur Perspektivenübernahme gezeigt. Der Social Media Beitrag beinhaltete für die Experimentalgruppen entweder einen Pro-Fleischreduzierung Kommentar unterhalb des Beitrags oder einen Kontra-Fleischreduzierung Kommentar. Die abgebildete Meinung im Kommentar war kongruent oder inkongruent (= Cross-Cutting) mit der persönlichen Einstellung der einzelnen Teilnehmenden. Insgesamt entstanden damit vier Experimentalgruppen und eine Kontrollgruppe.

Ergebnisse

Entgegen den Erwartungen zeigten die Ergebnisse, dass die kombinierte Anwendung von Cross-Cutting und Perspektivenübernahme nicht zu einer Verringerung der affektiven Polarisierung oder zu einer Steigerung der Empathie führte. Empathie hingegen wies eine polarisierungsfördernde Wirkung auf. Die Ergebnisse unterstreichen die Verankerung der affektiven Polarisierung in den sozialen Medien und verdeutlichen die Herausforderungen bei der Reduzierung derselben durch praktische Depolarisierungsstrategien. Die Studie trägt zum Verständnis der Komplexität

des Umgangs mit affektiver Polarisierung bei und wirft Fragen zur Wirksamkeit aktueller Depolarisierungsansätze auf.

Steckbrief

Titel (deutsch): Depolarisierung auf Social Media – Kombination von Cross-Cutting und Perspektivenübernahme sowie Empathie auf die affektive Polarisierung im Schweizer Kontext
Titel (englisch): Depolarization on social media - combination of cross-cutting, perspective-taking and empathy on affective polarization in the Swiss context
Erhebungszeitraum: 10/2023–11/2023
Stichprobe (effektiv): 367
Stand der Informationen: 15.03.2024

Weitere Informationen

- Am Institut für Kommunikationswissenschaften und Medienforschung wurde diese Arbeit verfasst

Kontakt

Martina Liebert - martina.liebert@outlook.com

© 2009-2024 SoSci Panel