Viehmann, Christina & Denner, Nora

„Dafür stehe ich mit meinem Namen“

Personalisierung von männlichen vs. weiblichen Experten als Strategie zur Vermittlung wissenschaftlicher Unsicherheit

Die Corona Pandemie hat deutlich gemacht, wie wichtig wissenschaftliche Expertise im öffentlichen Diskurs ist. Mit dieser geht notwendigerweise die Vermittlung von Unsicherheit einher (Winter et al., 2015), zum Beispiel die Risiken einer Impfung. Diese Studie untersucht, ob Personalisierung ein hilfreiches Werkzeug sein kann, um die Komplexität bei der Kommunikation von wissenschaftlicher Unsicherheit zu reduzieren. Personalisierung bedeutet, dass bei der Nachrichtenüberbringung eine Person anstatt einer Organisation im Zentrum steht (Adam & Maier, 2010). Um eine weitere wissenschaftliche Lücke zu schließen (Thomas, 2018), wird zudem untersucht, ob das Geschlecht einen Einfluss bei der personalisierten Kommunikation von wissenschaftlichen Erkenntnissen hat.

Methode

Die Fragestellung wurde anhand eines 3x2 Experimentaldesigns untersucht. Die Probanden wurden hierzu zufällig in Gruppen aufgeteilt, die jeweils variierte Artikel über ein wissenschaftliches Thema zugewiesen bekamen. Die Variation bestand einerseits darin, dass der Autor des Artikels männlich, weiblich oder eine Organisation war. So kann man messen, ob Unterschiede durch geschlechtsdifferenzierte Personalisierung entstehen. Andererseits wurde variiert, ob in dem Artikel wissenschaftliche Unsicherheit kommuniziert wurde oder nicht.

Nach dem Lesen ihres jeweiligen Artikels bearbeiteten die Befragten einen Fragebogen. Dort sollten sie die Botschaft sowie die Quelle des Beitrags bewerten und Angaben zu verhaltensrelevanten Dimensionen machen (zum Beispiel, ob sie sich nach den Empfehlungen des Artikels richten würden).

Da die Ergebnisse vom wissenschaftlichen Thema unabhängig replizierbar sein sollten, wurden zwei Studien durchgeführt: Der Artikel in Studie 1 beschäftigte sich mit einem Medikament als Heilmittel einer Covid-19 Infektion, Studie 2 sprach den Themenkomplex Klimawandel an.

Ergebnisse

Die Untersuchung ergab, dass Personalisierung der Verminderung der Glaubwürdigkeit einer Botschaft durch wissenschaftliche Unsicherheit entgegenwirkt. Weder Personalisierung noch die Frage nach dem Geschlecht des Kommunikators sowie die Kommunikation wissenschaftlicher Unsicherheit allgemein zeigten darüber hinaus konsistente Befunde auf die Bewertung des Kommunikators oder die verhaltensrelevanten Aspekte (subjektives Wissen, Verhaltensintentionen). Vielmehr scheinen Effekte das Resultat eines komplexen Zusammenspiels aus Bedingungen des Themenkontextes zu sein: So zeigte sich beispielweise, dass eine personalisierte Kommunikation wissenschaftlicher Befunde im Themenkontext der Covid19-Pandemie durchaus auch die Bewertung des Kommunikators prägt. Individuen wurden hinsichtlich Glaubwürdigkeit und Kompetenz stets positiver bewertet als eine anonyme Institution. Jedoch ergaben sich für das Geschlecht des Kommunikators keine signifikanten Unterschiede.

Im Kontext des Klimawandels und effektiver Strategien der Energieeinsparung ließen sich dahingegen Effekte ausgehend von der Kommunikation wissenschaftlicher Unsicherheit nachweisen: Wurden die Befunde mit hoher Unsicherheit kommuniziert, so fiel nicht nur die Einschätzung des subjektiven Wissens unter den Befragten geringer aus. Auch waren sie weniger dazu bereit, den Verhaltensimplikationen zu folgen (d.h. digitale statt analoge Heizungsthermostate zu nutzen). Personalisierung hatte hingegen keinen Effekt auf Verhaltensintentionen. Sie führte entgegen der Annahmen nicht zu einem höheren subjektiven Wissen, einer erhöhten Handlungsbereitschaft oder Intention, sich für das Thema zu engagieren.

Schließlich ergab sich sowohl bei der Bewertung von Botschaft und Kommunikator sowie bei den Verhaltensintentionen, dass das Geschlecht selbst für Menschen, die stark ausgeprägte stereotye Vorstellungen haben, keinen Einfluss auf die Effekte von Personalisierung hat.

Literatur

Adam, S., & Maier, M. (2010). Personalization of politics: A critical review and agenda for research. Communication Yearbook, 34, 213–257.

Thomas, M. (2018). Personalism, personalization and gender. In W. P. Cross, R. S. Katz, & S. Pruysers, The personalization of democratic politics and the challenge for political parties (pp. 197–213). ECPR.

Winter, S., Krämer, N. C., Rösner, L., & Neubaum, G. (2015). Don’t Keep It (Too) Simple: How Textual Representations of Scientific Uncertainty Affect Laypersons’ Attitudes. Journal of Language and Social Psychology, 34(3), 251–272.

Steckbrief

Titel (deutsch): „Dafür stehe ich mit meinem Namen“ - Personalisierung von männlichen vs. weiblichen Experten als Strategie zur Vermittlung wissenschaftlicher Unsicherheit
Titel (englisch): "This is what I stand for" - Personalization of male vs. female experts as a strategy for communicating scientific uncertainty
Erhebungszeitraum: 03/2023–05/2023
Stichprobe (effektiv): 1.104
Stand der Informationen: 25.09.2023

Publikationen

Viehmann, C. & Denner, N. (2023). Using Personalization of Male vs. Female Experts as a Strategy to Communicate Scientific Uncertainty. Vortrag auf der 73th Annual Conference of the International Communication Association (ICA) vom 25. - 29. Mai in Toronto.

Kontakt

Christina Viehmann

© 2009-2024 SoSci Panel