Roehse, Eva-Maria

Social-Media-Daten als Grundlage der Inhaltsanalyse

Die Sicht der Nutzenden als forschungsethische Herausforderung

Durch die Verankerung der sozialen Medien als wichtiger Forschungsgegenstand in der Kommunikations- und Medienwissenschaft rücken nutzergenerierte Daten immer mehr in den Fokus der Inhaltsanalyse. Besonders durch automatisierte Inhaltsanalysen gibt es eine Vielzahl von Möglichkeiten, große Datenmengen zu erfassen und auszuwerten. Doch die neuen Möglichkeiten werfen besonders im Bereich der Forschungsethik viele neue Fragen auf. Um diese zu beantworten, sollte auch die Sicht der Nutzenden sozialer Medien selbst zu wissenschaftlicher Forschung mit ihren Daten betrachtet werden. Im englischsprachigen Raum gibt es schon einige Studien, die sich mit der Sicht der Nutzenden beschäftigen (z. B. Beninger, 2014; Fiesler & Proferes, 2018; Gilbert et al., 2021). Für die deutschen Nutzenden fehlt eine solche Untersuchung. Vor diesem Hintergrund lautet die zentrale Fragestellung dieser Studie: Wie beurteilen die Nutzenden sozialer Medien die Verwendung ihrer Daten für wissenschaftliche Forschungszwecke?

Methode

Um diese Frage zu beantworten, steht im Mittelpunkt der Studie eine standardisierte Online-Befragung von Nutzenden sozialer Medien unter Teilnehmenden des SoSci Panels in Deutschland. Zudem wurden weitere Teilnehmende im Schneeballverfahren rekrutiert. Folgende Unterfragen werden im Rahmen der Studie untersucht:

UF 1 Inwieweit sind sich die Nutzenden sozialer Medien darüber bewusst, dass ihre Daten Gegenstand von Forschung sein können?

UF 2 Welche Rolle spielen verschiedene Kontextfaktoren dabei, ob die Nutzenden mit der Verwendung ihrer Daten einverstanden sind?

UF 3 Inwieweit lassen sich die Nutzenden hinsichtlich ihres Einverständnisses zur Verwendung ihrer Daten zu bestimmten Typen zusammenfassen?

Ergebnisse

Die Ergebnisse zeigen, dass, anders als in den bisherigen Studien, sich die Mehrheit der Teilnehmenden darüber bewusst war, dass Forschende Social-Media-Daten für ihre Untersuchungen verwenden. Nur wenige waren der Meinung, dass dies nie oder selten passiert. Allerdings glaubte knapp mehr als die Hälfte der Befragten, dass Forschende die Daten nicht ohne die Zustimmung der Nutzenden sammeln dürfen. Hier zeigte sich auch ein Unterschied zwischen den Plattformen. Twitter(bzw. X)-Nutzende stimmten beispielsweise deutlich häufiger dafür, dass die Daten ohne Zustimmung genutzt werden dürfen, wohingegen die Mehrheit der Facebook- und Instagram-Nutzenden vom Gegenteil überzeugt war. Im Rahmen der kontextuellen Faktoren zeigte sich besonders bei der Art der Daten eine Auswirkung auf das Einverständnis: Die Befragten fühlten sich z.B. wohler mit der Analyse ihrer Kommentare unter journalistischen Artikeln als mit der Analyse von Kommentaren, die sie unter dem Beitrag einer ihnen persönlich bekannten Person geschrieben haben.

Literatur

Beninger, K., Fry, A., Jago, N., Lepps, H., Nass, L., & Silvester, H. (2014). Research using Social Media; Users’ Views. NatCen Social Research.

Fiesler, C., & Proferes, N. (2018). “Participant” Perceptions of Twitter Research Ethics. Social Media + Society, 4(1).

Gilbert, S., Vitak, J., & Shilton, K. (2021). Measuring Americans’ Comfort With Research Uses of Their Social Media Data. Social Media + Society, 7(3).

Steckbrief

Titel (deutsch): Social-Media-Daten als Grundlage der Inhaltsanalyse – Die Sicht der Nutzenden als forschungsethische Herausforderung
Titel (englisch): Social Media Data as Basis for Content Analysis - The Users' View as a Research Ethical Challenge
Erhebungszeitraum: 05/2023
Stichprobe (effektiv): 626
Stand der Informationen: 07.09.2023

Weitere Informationen

https://www.forschungsethik-kmw.de/

Kontakt

Eva-Maria Roehse

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