Grütz, Henrik

Der Einfluss der politischen Elite und sozialer Normen auf kosmopolitische Einstellungen

Menschen neigen dazu, mit den Normen ihrer bevorzugten Gruppe im Einklang stehen zu wollen. Die Führung der Gruppe ist eine leicht verfügbare Informationsquelle über die Gruppennorm. So zeigte sich in einer Reihe von Studien, dass Bürger:innen ihre politische Meinung an die bevorzugte Parteiführung anpassen. Das Ziel dieser Studie war zu untersuchen, ob die Parteiführung diese Überzeugungskraft bei kosmopolitischen Themen verliert.

Politiker:innen regierender Parteien warben in den letzten Jahren medienwirksam für Einwanderung, internationale Zusammenarbeit oder das Wahlrecht für Menschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit. Protestbewegungen wie PEGIDA und die Partei AfD hingegen propagieren, der kosmopolitische Kurs der Bundesregierung stehe entgegen der Mehrheitsmeinung der deutschen Bevölkerung. Wenn der kosmopolitische Kurs im starken Kontrast zur Gruppennorm steht, könnte die Führung regierender Parteien den Einfluss auf ihre Anhängerschaft verlieren.

Methode

In der Onlinestudie äußerten Wahlberechtigte ihre Meinung zu kosmopolitischen Aussagen führender Politiker:innen der SPD und CDU/CSU. Die gezeigten Aussagen stammen aus Artikeln populärer Nachrichtenwebsites. Ergänzt waren diese um ähnliche Aussagen eines Fragebogens zur Messung kosmopolitischer Einstellungen. Die Befragten wurden zufällig einer von sechs Bedingungen zugeordnet, die mit der Unterstützung durch Politiker:innen und Gruppennormen eingerahmt waren:

„Eine bekannte Politikerin/ein bekannter Politiker hat Folgendes gesagt:“

„Eine bekannte Politikerin/ein bekannter Politiker der SPD hat Folgendes gesagt:“

„Eine bekannte Politikerin/ein bekannter Politiker der CDU/CSU hat Folgendes gesagt:“

„Die Mehrheit der Bevölkerung stimmte folgender Aussage zu:“

„Die Mehrheit der SPD-Wählerschaft stimmte folgender Aussage zu:“

„Die Mehrheit der CDU/CSU-Wählerschaft stimmte folgender Aussage zu:“

Ergebnisse

Die Ergebnisse sprechen nicht dafür, dass die politische Führung ihre Überzeugungskraft verliert, wenn sie für einen kosmopolitischen Kurs wirbt. Im Gegenteil stimmte die Anhängerschaft der CDU und CSU den Aussagen stärker zu, wenn diese mit Politiker:innen der bevorzugten Partei eingerahmt waren. Die SPD-Anhängerschaft zeigte sich unbeeinflusst von der Unterstützung durch SPD-Politiker:innen. Diese stimmten allerdings den Aussagen in allen Bedingungen sehr stark zu. Die Einrahmung mit Gruppennormen hatte keinen bedeutsamen Einfluss auf die Befragten.

Insgesamt trafen die kosmopolitischen Aussagen auf hohe Akzeptanz. Im Gegensatz zur Durchschnittsmeinung aller Befragten lehnte die AfD-Anhängerschaft die kosmopolitischen Aussagen tendenziell ab. Verglichen mit einer für die Bevölkerung repräsentativen Umfrage aus dem Jahr 2018 waren die Befragten dieser Studie jünger, überdurchschnittlich gebildet und auch stärker links orientiert. Deswegen sind die Ergebnisse nur eingeschränkt auf die Gesamtbevölkerung übertragbar.

Steckbrief

Titel (deutsch): Der Einfluss der politischen Elite und sozialer Normen auf kosmopolitische Einstellungen
Titel (englisch): The Influence of the Political Elite and Social Norms on Cosmopolitan Attitudes
Erhebungszeitraum: 06/2018–07/2018
Stichprobe (effektiv): 1.153
Stand der Informationen: 20.03.2019

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Henrik Grütz

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