Heimerl, Katrin

Effekte von Nutzerkommentaren auf die Beurteilung journalistischer Glaubwürdigkeit online

ein Experimentaldesign.

Obwohl Längsschnittdaten einen gesamtgesellschaftlichen Vertrauensverlust in die Medien nur eingeschränkt belegen, wird derzeit häufig über eine „Vertrauenskrise der Medien“ debattiert. Einer der Gründe dafür könnte darin gesehen werden, dass sich eine unzufriedene, medienkritische Minderheit erfolgreich in den Kommentarspalten auf Nachrichtenseiten Gehör verschafft und so ein insgesamt negatives Medienbild sowohl bei Journalisten als auch bei Lesern prägt.

Vor diesem Hintergrund sollte erforscht werden, ob bereits auf der Ebene eines einzigen Nachrichtenartikels ein kritischer Nutzerkommentar Einfluss darauf hat, wie glaubwürdig andere Leser diesen Artikel im Anschluss an ihre Lektüre empfinden. Da nicht alle Medienkritik gleichermaßen begründet ist, wurde zudem untersucht, ob Leser Nutzerkommentare differenziert rezipieren und darin geäußerte Kritik unterschiedlich verarbeiten, je nachdem, ob diese berechtigterweise oder unberechtigterweise geäußert wird. Außerdem sollte herausgefunden werden, ob Journalisten beeinflussen können, welche Wirkung ein kritischer Kommentar auf ihre Leser ausübt, indem sie selbst in einem Kommentar auf die Kritik reagieren. Hierfür wurden die Annahmen der Zwei-Prozess-Modelle zur Informationsverarbeitung auf den Kontext der Nachrichtenlektüre im Internet übertragen und auf dieser theoretischen Basis ein Online-Experiment durchgeführt.

Ergebnisse

Die Ergebnisse zeigen, dass Nachrichtenleser die in Kommentaren angeführte Kritik nicht unreflektiert für sich selbst übernehmen. Die Einordnung eines Artikels hinsichtlich seiner Glaubwürdigkeit erfolgt weiterhin basierend auf der eigenen Lektüre. Kommentare bieten lediglich Denkanstöße, Hinweise und Hilfestellungen. Dabei verfügen sie über das Potenzial, den flüchtigen Leser auf kritikwürdige Aspekte eines Nachrichtenbeitrags aufmerksam zu machen, die dieser ansonsten überlesen würde. Unberechtigte Kritik wird in der Regel als solche erkannt und bleibt folgenlos für die Beurteilung der journalistischen Glaubwürdigkeit. Die Studienergebnisse lassen keine eindeutigen Schlüsse zu, ob es sich für Journalisten empfiehlt, auch selbst Kommentare als Reaktion auf Leserkritik zu verfassen. Während die Zurückweisung unberechtigter Kritik positive Effekte auf die Glaubwürdigkeitswahrnehmung der Rezipienten hatte, hat eine Entschuldigung des Verfassers für offensichtliches Fehlverhalten das Glaubwürdigkeitsempfinden noch verschlechtert.

Steckbrief

Titel (deutsch): Effekte von Nutzerkommentaren auf die Beurteilung journalistischer Glaubwürdigkeit online – ein Experimentaldesign.
Titel (englisch): Effects of user comments on the evaluation of journalistic credibility online – an experimental design.
Erhebungszeitraum: 12/2017
Stichprobe (effektiv): 529
Stand der Informationen: 28.03.2018

Kontakt

Katrin Heimerl

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