Käfferlein, Katharina; Lange, Lia E. & Stokes, Anastasia E. J.

„Wir sind das Volk?“ Ein Experiment zur Wirkung populistischer Botschaften

Populistische Akteure zeichnen sich u.a. durch einen eigenen Kommunikationsstil aus. Nach der Theorie von Jagers und Walgrave (2007) lassen sich drei Kernelemente populistischer Kommunikation unterscheiden: Zum einen betonen Populisten den „Wir“-Gedanken, wodurch sie eine Art Gemeinschaftsgefühl erzeugen und sich von anderen Gruppen abgrenzen. Zu anderen grenzen sie sich durch Stigmatisierung und negative Äußerungen gezielt von anderen Gruppen ab – diese sind bei rechtspopulistischen Akteuren meist Ausländer sowie elitäre Politiker.

Wie sich die Anwendung dieser verschiedenen Kommunikationselemente durch Populisten auf die Wähler auswirkt, ist wissenschaftlich noch nicht erforscht. An diesem Punkt setzt die vorliegende Arbeit an und untersucht, welche Wirkung die einzelnen Kommunikationselemente auf Einstellungen, Emotionen, Schuldzuschreibungen an die ausgegrenzten Gruppen und auf die soziale Identität der Wähler hat.

Als theoretische Grundlage der Arbeit diente die bereits vorgestellte Theorie, wie auch Überlegungen und Befunde aus der politischer Kommunikation, der Emotionsforschung sowie der Forschung um die beeinflussenden Wirkung von Kommunikation und um die soziale Identität.

Um der genannten Fragestellung nachzugehen, wurde über eine Online-Befragung ein Experiment durchgeführt. Die Teilnehmer der Studie wurden zufällig fünf verschiedenen Gruppen zugeordnet. Sie erhielten jeweils einen unterschiedlichen Text, der bestimmte populistische Kommunikationselemente enthielt. Der Text wurde als fiktives Interview mit einem Lokalpolitiker zum Thema Globalisierung dargestellt. Ein Artikel enthielt als populistisches Element nur den Bezug auf das Volk. In zwei Texten wurden zusätzlich auch Ausländer stigmatisiert beziehungsweise die elitären Politiker für die negativen Auswirkungen der Globalisierung verantwortlich gemacht. Ein vierter Text enthielt alle drei populistischen Kommunikationselemente. Die letzte Gruppe las einen Artikel, in dem keine populistischen Elemente enthalten waren. Auf diese Weise konnten wir die Effekte der einzelnen Kommunikationsstrategien separat untersuchen.

Es wurde davon ausgegangen, dass Menschen, die bereits eine populistische Voreinstellung haben, besonders empfänglich für populistische Botschaften sind. Es nahmen jedoch nur wenige Leute an der Studie teil, die eine grundsätzliche populistische Einstellung hatten. Die Teilnehmer waren außerdem politisch stark links orientiert.

Die Ergebnisse zeigen, dass potentielle Wähler die verschiedenen populistischen Kommunikationsstrategien durchaus erkennen. Die Kommunikationselemente führten in unserem Experiment jedoch nicht zu den erwarteten Wirkungen. Sie lösten keine negativen Emotionen gegenüber Ausländern oder Politikern aus und führten auch nicht zur Schuldzuweisung an die entsprechend stigmatisierte Gruppe. Auch das „Wir“-Gefühl zur Gruppe der Deutschen wurde nicht durch die erhöhte positive Darstellung dieser Gruppe gestärkt. Vielmehr zeigte sich bei den Teilnehmer eine Art Reaktanz – sie hatten also eher positive Einstellungen und Emotionen gegenüber den negativ dargestellten Gruppen. Als möglichen Grund für dieses Ergebnis sehen wir die starke linke politische Orientierung der Teilnehmer. Wir vermuten daher, dass eher rechtspolitisch orientierte Wähler durch populistischen Botschaften durchaus in Richtung der populistischen Gedanken beeinflusst werden können.

Literatur

Jagers, J., & Walgrave, S. (2007). Populism as political communication style: An empirical study of political parties’ discourse in Belgium. European Journal of Political Research, 46(3), 319-345.

Steckbrief

Titel (deutsch): „Wir sind das Volk?“ Ein Experiment zur Wirkung populistischer Botschaften.
Titel (englisch): “We are the people?“ Effects of populist communication.
Erhebungszeitraum: 12/2015
Stichprobe (effektiv): 437
Stand der Informationen: 11.10.2016

Kontakt

Katharina Käfferlein

© 2009-2024 SoSci Panel