Hamdorf, Elena

Welche Konstrukte beeinflussen möglicherweise die Einstellung zu Alternativmedizin?

Eine Untersuchung der Zusammenhänge.

Die Gesundheit der Menschen zu fördern und zu erhalten ist eine wichtige gesellschaftliche, aber auch persönliche Aufgabe. Hierzulande kann die Bevölkerung auf ein gut ausgebautes Gesundheitssystem mit relativ flächendeckender Versorgung zurückgreifen. Jeder einzelne hat das Recht und ist gleichzeitig in der Verantwortung, auf die eigene Gesundheit zu achten und an einer entsprechenden Behandlung mitzuwirken. Dabei steht oft eine Vielzahl an Wahlmöglichkeiten zur Verfügung. Neben den üblichen schulmedizinischen Verfahren erfreuen auch sog. alternativmedizinische Verfahren immer größerer Beliebtheit. Die Verwendung der Begriffe „Schul- und Alternativmedizin“ ist im Grunde genommen eher unglücklich, da beide emotional besetzt sind und es keine einheitlichen Definitionen gibt. Sie werden jedoch aus pragmatischen Gründen – es gibt keine allgemein bekannten besseren Begriffe - in der Untersuchung verwendet. Im Folgenden werden unter „Schulmedizin“ jene Verfahren zusammengefasst, die nach wissenschaftlichen Kriterien untersucht und für wirksam befunden wurden. Unter „Alternativmedizin“ werden solche Verfahren verstanden, die entweder (bis jetzt) nicht wissenschaftlich untersucht wurden, oder solche, deren Wirksamkeit einer wissenschaftlichen Untersuchung nicht standhielt. Alternativmedizinische Verfahren haben die Konnotation, sanfter zu sein und weniger bzw. keine Nebenwirkungen aufzuweisen. Dies trifft zwar auf viele Verfahren (jedoch nicht alle!) zu, gleichzeitig bleibt aber auch eine messbare Wirkung aus. Dies ist solange ungefährlich, wie es sich um leichte Erkrankungen, wie eine Erkältung, handelt. Sollte aber bei einer schwerwiegenden Erkrankung eine alternativmedizinische Behandlung eine wirksame schulmedizinische ersetzten, kann dies durchaus lebensgefährlich sein.

Da es bisher noch wenig Informationen darüber gibt, womit die Präferenz von Schulmedizin gegenüber Alternativmedizin und umgekehrt zusammenhängt, wurde dieser Fragestellung gezielt nachgegangen. Dabei wurden zunächst einige Konstrukte, die möglicherweise einen Zusammenhang mit der Einstellung zur Nutzung von Alternativmedizin ausweisen könnten, theoretisch bzw. aus ähnlichen Forschungen hergeleitet und entsprechende Befragungsinstrumente dazu entwickelt. Diese wurden dann in einer Befragung mit der Einstellung zu Alternativmedizin in Zusammenhang gesetzt. Untersucht wurden dabei folgende Konstrukte: Bekanntheit von Alternativmedizin, bisherige Nutzung von Alternativmedizin, zukünftige Nutzung von Alternativmedizin, Wissen über Alternativmedizin, Persönlichkeitsmerkmale, Spiritualität, Glaube an Paranormales, Wissen über (empirische) Wissenschaft, Einstellung zur Wissenschaft, Cognitive Reflection Test.

Generell zeigte sich, dass Frauen häufiger Alternativmedizin nutzen als Männer. Bei beiden Geschlechtern stehen die bisherige und die zukünftig beabsichtigte Nutzung von Alternativmedizin in Zusammenhang mit der Einstellung zu dieser. Weiterhin gibt es einen schwachen negativen Zusammenhang zwischen dem Wissen über Wissenschaft und der Einstellung gegenüber Alternativmedizin. Stärker ausgeprägt war der negative Zusammenhang zwischen der Einstellung gegenüber Wissenschaft und der Einstellung gegenüber Alternativmedizin. Ein ausgeprägter positiver Zusammenhang konnte zwischen dem Glauben an Paranormales und der Einstellung gegenüber Alternativmedizin festgestellt werden. Ähnliches findet sich auch bezüglich der Spiritualität. Interessant ist auch, dass Menschen die eine positive Einstellung zu Alternativmedizin haben, eher einen intuitiven Denkstil zu haben scheinen, solche mit einer eher negativen Einstellung hingegen eher einen reflektierenden. Zwischen Persönlichkeitsmerkmalen und der Einstellung zu Alternativmedizin konnte hingegen kein konsistenter Zusammenhang gefunden werden.

Diese Ergebnisse sind Teil einer explorativen Untersuchung und stellen keine Kausalzusammenhänge dar. Daher muss eine Interpretation der Ergebnisse mit Vorsicht vorgenommen werden. Jedoch können sie eine wichtige Grundlage für weitere, gezielte Forschungsfragen darstellen.

Steckbrief

Titel (deutsch): Welche Konstrukte beeinflussen möglicherweise die Einstellung zu Alternativmedizin? Eine Untersuchung der Zusammenhänge.
Titel (englisch): What may affect the attitude against alternative medicine?
Erhebungszeitraum: 03/2015
Stichprobe (effektiv): 985
Stand der Informationen: 23.10.2016

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Elena Hamdorf

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