Gnambs, Timo & Oeberst, Aileen

Die Farbe Rot und Risikoneigung in computerbasierten Umgebungen

Farben sind integraler Bestandteil unseres täglichen Lebens. Obwohl farbliche Entscheidungen häufig aus ästhetischen Überlegungen getroffen werden, können unscheinbare Farbnuance unwillkürlich auch Auswirkungen auf unser Verhalten zeigen. Insbesondere die Farbe Rot hat in einer Reihe früherer Studien eindrucksvolle Effekte gezeigt: beispielsweise essen Personen weniger Junkfood von roten als von weißen Tellern (Genschow, Reuter, & Wänke, 2012), in Verkehrsstaus rufen rote Autos mehr negative Emotionen (u.a. Aggression) hervor als blaue oder grüne Fahrzeuge (Guéguen, Jacob, Lourel, & Pascual, 2012), Ärger wird in Gesichtsausdrücken schneller erkannt, wenn Gesichter vor einem rotem anstelle eines weißen oder grünen Hintergrund präsentiert werden (Young, Elliot, Feldtman, & Ambady, 2013), und in internetbasierten Wissenstests führen rote Fortschrittsbalken bei Männern zu schlechteren Testleistungen als grüne (Gnambs, Appel, & Batinic, 2010). Dies zeigt, dass Farben in unserem Alltag weit größere Bedeutung haben können als vielen Personen bewusst ist.

In vorliegender Untersuchung sollte der Effekt der Farbe Rot auf das Gebiet der Risikobereitschaft erweitert werden. Rot stellt in unserem Alltag meist ein Warnsignal dar (z.B. das Rot der Ampel oder rotes Blut). Der Anblick von Rot sollte daher mit einer erhöhter Wachsamkeit sowie geringeren Risikoneigung verbunden sein. Diese Annahme wurde in einem internetbasierten Experiment geprüft, in dem die TeilnehmerInnen die sogenannte Balloon Analogue Task (Lejuez et al., 2002) bearbeiten sollten. Den ProbandInnen wurde am Bildschirm jeweils ein Luftballon gezeigt, den sie mithilfe eines Mausklicks aufblasen konnten. Je größer der Ballon aufgeblasen wurde, desto mehr Punkte wurden erzielt. Jeder Mausklick war jedoch auch mit einem erhöhten Risiko verbunden den Ballon zum Platzen zu bringen und damit die bereits erzielten Punkte zu verlieren. Die Aufgabe der TeilnehmerInnen war es durch das Aufblasen von 30 Luftballonen so viele Punkte zu sammeln wie möglich. Diese Ballone wurden zufällig in roter oder grüner Farbe präsentiert. Ein Beispiel dieser Aufgabe wird hier demonstriert: Link zum Beispiel

Entsprechend unserer Hypothese zeigte sich, dass TeilnehmerInnen grüne Ballons deutlich stärker aufbliesen und häufiger zum Platzen brachten als rote Luftballone. Dieser Effekt trat gleichermaßen auf, unabhängig davon ob die Testnehmer vorab instruiert wurden die Farbe der Ballone zu ignorieren oder nicht. Die Farbe Rot führte zu einer geringeren Risikoneigung.

Literatur

Genschow, O., Reuter, L., & Wänke, M. (2012). The color red reduces snack food and soft drink intake. Appetite, 58, 699-792. doi:10.1016/j.appet.2011.12.023

Gnambs, T., Appel, M., & Batinic, B. (2010). Color red in web-based knowledge testing. Computers in Human Behavior, 26, 1625-1631.

Guéguen, N., Jacob, C., Lourel, M., & Pascual, A. (2012). When drivers see red: Car color frustrators and drivers' aggressiveness. Aggressive Behavior, 38, 166-169.

Lejuez, C. W., Read, J. P., Kahler, C. W., Richards, J. B., Ramsey, S. E., Stuart, G. L., Strong, D. R., & Brown, R. A. (2002). Evaluation of a behavioral measure of risk taking:the Balloon Analogue Risk Task (BART). Journal of Experimental Psychology: Applied, 8, 75-84.

Young, S. G., Elliot, A. J., Feltman, R., & Ambady, N. (2013). Red enhances the processing of facial expressions of anger. Emotion, 13, 380-384.

Steckbrief

Titel (deutsch): Die Farbe Rot und Risikoneigung in computerbasierten Umgebungen
Titel (englisch): Color Red and Risk Taking in Computerized Environments
Erhebungszeitraum: 05/2013–06/2013
Stichprobe (effektiv): 336
Stand der Informationen: 06.09.2013

Weitere Informationen

Timo Gnambs (Universität Osnabrück)

Aileen Oeberst (Leibniz Institut für Wissensmedien Tübingen)

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