Masur, Philipp K.

Der Einfluss von intrinsischen Bedürfnisse und Motiven auf suchtartige Facebooknutzung

Wer in der heutigen Gesellschaft aufwächst, hinterlässt digitale Spuren. Die stetig wachsende Konvergenz analoger Vorläufermedien durch das Internet und die sich dadurch ermöglichende, nahezu grenzenlose Interaktivität führt zu enormen Veränderungen im Verhalten des Menschen. Speziell das Soziale Online Netzwerk Facebook hat die Art und Weise, wie Menschen untereinander kommunizieren maßgeblich beeinflusst. Durch die Möglichkeit, „online“ Bedürfnisse nach Unterhaltung oder Ablenkung zu befriedigen, ergibt sich eine völlig neuartige Beziehung zwischen dem Medium und den Nutzern. Doch was, wenn aus Spaß Zwang wird? Wenn das Bedürfnis stets erreichbar, stets online zu sein zu stark wird? Es gibt immer mehr Hinweise, dass Menschen dem Internet in Form einer pathologischen Abhängigkeit verfallen können. Kritisch ist hierbei jedoch, dass der Begriff „Internetabhängigkeit“ sehr weit gefasst ist. Einige Studien legten nahe, dass besonders diejenigen Nutzer als süchtig klassifiziert werden, die das Internet aufgrund seiner sozialen Funktionen nutzen. Müssen also eher differenziertere Suchtphänomene angenommen und untersucht werden? Diese Studie befasst sich deswegen speziell mit dem Phänomen der Facebooksucht.

Das Ziel der Studie bestand darin, ein valides Messinstrument zur Diagnostik suchtartiger Facebooknutzung auf symptomatischer Basis zu entwickeln. In einem zweiten Schritt wurde daraufhin untersucht, inwiefern intrinsische Bedürfnisse und die motivationalen Einstellung der Facebooknutzer einen Erklärungsansatz für Facebooksucht liefern können. Der entwickelte Online-Fragebogen wurde von 599 Teilnehmern durchgeführt. Die konstruierte Facebooksuchtskala beruht auf der bestehenden Internetsuchtskala von Hahn und Jerusalem (vgl. Hahn/Jerusalem 2010) und besteht aus den fünf Suchtdimensionen Kontrollverlust, Entzugserscheinungen, Toleranzentwicklung, negative Konsequenzen für soziale Beziehungen, sowie negative Konsequenzen für Arbeit und Leistung. Die Prävalenz innerhalb der Stichprobe fällt mit 0,3% eher gering aus. Die intrinsischen Bedürfnisse nach Autonomie, Kompetenz und sozialer Eingebundenheit erweisen sich nur als schwache Prädiktoren von Facebooksucht. Dennoch zeigen die Ergebnisse, dass mangelnde Befriedigung dieser elementaren Grundbedürfnisse suchtartige Facebooknutzung zur Folge haben kann. Facebookspezifische Nutzungsmotive erweisen sich als wesentlich stärkeres Erklärungsmodell. Besonders das Bedürfnis nach Informationserweiterung, Entspannung, Ablenkung und Selbstdarstellung konnten einen signifikanten Erklärungsbeitrag leisten. Ebenso kann bestehender sozialer Druck Facebook zu nutzen einen Einfluss darauf haben, ob man facebooksüchtig ist oder nicht. Die Ergebnisse tragen dazu bei, suchtartige Facebooknutzung und die Art und Weise, wie Facebook den Alltag der Menschen beeinflusst, besser zu verstehen und stellt die Wichtigkeit der Motive und Bedürfnisse für die Erforschung von Suchtverhalten heraus.

Steckbrief

Titel (deutsch): Der Einfluss von intrinsischen Bedürfnisse und Motiven auf suchtartige Facebooknutzung
Titel (englisch): The influence of intrinsic needs and motives on Facebook addiction
Erhebungszeitraum: 07/2012–08/2012
Stichprobe (effektiv): 599
Stand der Informationen: 18.03.2013

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Philipp Masur

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