Emde, Katharina; Scherer, Helmut; Bittl, Franziska; Ehlers, Annika & Meseke, Jannis

Humor ist, wenn man trotzdem lacht?

Der Einfluss von Involvement und affektiven Dispositionen auf das Humorempfinden bei politischer Satire

Politischer Humor im TV ist zu einem beliebten Forschungsgegenstand in der Kommunikationswissenschaft geworden. Allerdings beziehen sich die vorliegenden Untersuchungen größtenteils auf den amerikanischen Fernsehmarkt und erforschen in der Regel lediglich die Wirkung politischer Satire, beispielsweise die Wahrnehmung von Politikern oder politischen Kampagnen (Feldman & Young, 2008; Esralew & Young, 2012). Eine Schlüsselrolle für die Effekte politischer Satire spielt dabei das Humorempfinden („Humor Appreciation“) bei der Rezeption. Doch die Frage, unter welchen Bedingungen Rezipienten einen satirischen Beitrag überhaupt als lustig und unterhaltsam wahrnehmen, wurde bislang kaum beachtet.

Vor diesem Hintergrund untersucht die Studie, welchen Einfluss relationale Rezipientenmerkmale auf das Humorempfinden bei der Rezeption politischer TV-Satire haben. Hierunter werden insbesondere affektive Dispositionen gegenüber den dargestellten Personen, Einstellungen zum Thema der satirischen Witze und die persönliche Betroffenheit verstanden. Dabei wird u.a. auf Basis der Disposition Theory of Humor (Zillmann & Cantor, 1972, 1976; Raney, 2004) angenommen, dass negative Dispositionen und Einstellungen ebenso wie eine starke direkte Betroffenheit zu geringerem Humorempfinden führen.

Im Rahmen einer Online-Befragung sahen die Teilnehmenden zwei kurze Videoclips zum Thema Bahnstreik aus der ZDF „heute-show“ und bewerteten diese anschließend hinsichtlich der Unterhaltsamkeit. Zudem wurden im Vorfeld die genannten relationalen Rezipientenmerkmale erfasst. Überraschenderweise bestätigten sich die Hypothesen nur für eines der beiden Videos: Obwohl beide Ausschnitte im Durchschnitt als gleichermaßen lustig bewertet wurden, ließ sich das Humorempfinden nur bei einem der Clips unter anderem auf die eigene Betroffenheit und die gegenstandsbezogenen Einstellungen zurückführen.

Entsprechend der theoretischen Annahmen war das Humorempfinden hier geringer, wenn der Rezipient selbst von dem parodierten Thema oder Ereignis betroffen war. Oder etwas platter formuliert: Wer durch den Bahnstreik zu spät oder gar nicht am gewünschten Ziel ankam, konnte sich über Witze über dieses Thema nur in geringerem Maße amüsieren. Die divergierenden Befunde für die beiden Ausschnitte aus der heute Show deuten allerdings darauf hin, dass die Betroffenheit und spezifische Einstellungen nicht in jedem Fall das Humorempfinden beeinträchtigen, sondern in ihrer Bedeutung auch vom Inhalt der Satire abhängen. Basierend auf den Unterschieden zwischen den gewählten Videoclips kann so spekuliert werden, dass die Schärfe und Konkretheit der satirischen Attacke eine zentrale Rolle spielen.

Literatur

Esralew, S., & Young, D. G. (2012). The influence of parodies on mental models: exploring the Tina Fey-Sarah Palin phenomenon. Communication Quarterly, 60(3), 338-352.

Feldman, L., & Young, D. G. (2008). Late-night comedy as a gateway to traditional news: an Analysis of time trends in news attention among late-night comedy viewers during the 2004 presidential primaries. Political Communication, 25(4), 401-422.

Raney, A. (2004). Expanding Disposition Theory: Reconsidering Character Liking, Moral Evaluations, and Enjoyment. Communication Theory, 14(4), 348-369.

Zillmann, D. & Cantor, J. R. (1972). Directionality of transitory dominance as a communication variable affecting humor appreciation. Journal of Personality and Social Psychology, 24(2), 191-198.

Zillmann, D., & Cantor, J. R. (1976). A disposition theory of humour and mirth. In A. J. Chapman & H. C. Foot (Hrsg.), Humor and laughter: Theory, research and applications (S. 97–115). London, England: John Wiley & Sons.

Steckbrief

Titel (deutsch): Humor ist, wenn man trotzdem lacht? Der Einfluss von Involvement und affektiven Dispositionen auf das Humorempfinden bei politischer Satire
Titel (englisch): Having a sense of humor = looking on the bride side? The influence of involvement and affective dispositions on the humor appreciation of political satire
Erhebungszeitraum: 10/2015–11/2015
Stichprobe (effektiv): 257
Stand der Informationen: 26.01.2016

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Katharina Emde

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