Schmitt, Josephine B.; Caspari, Claus; Bloch, Carola; Gsella, Hannah; Uhle, Franziska & Rieger, Diana

Zwei Seiten der gleichen Geschichte?

Einseitige vs. zweiseitige Narrative im Kontext der Extremismusprävention

Verschiedene politische und soziale Organisationen versuchen antidemokratische bzw. extremistische Aussagen und Inhalte mit unterschiedlichen Konzepten sogenannter Gegenbotschaften zu begegnen. Diese werden in Form von Narrativen dargestellt und können entweder einseitig oder zweiseitig sein. Einseitige Narrative werden auch Alternativnarrative genannt, da sie eine alternative Sichtweise zu extremistischen Aussagen anbieten in Form von Werten wie Toleranz und Freiheit. Sie werden deshalb als einseitig definiert, da sie lediglich diese einzige (positive, prosoziale) Botschaft vermitteln. Zweiseitige Narrative hingegen stellen zwei gegensätzliche Perspektiven dar (d.h. eine extremistische Aussage und dessen Dekonstruktion). Da zweiseitige Gegenbotschaften extremistische Inhalte dekonstruieren, werden sie auch Counternarrative genannt (Briggs & Feve, 2013).

Die bisherige Forschung zeigt, dass Narrative allgemein effektive Mittel sind, Einstellungen zu ändern (z.B., Slater & Rouner, 2002), indem sie die Identifikation mit einem Charakter des Narrativs sowie das Gefühl, in das Narrativ versunken zu sein, erhöhen. Bisher ist jedoch wenig über die Wirkungsweise von ein- und zweiseitigen Narrativen im Vergleich bekannt. Besonders interessant ist die Frage, inwiefern eine verminderte Reaktanz entscheidend für die Wirkung von zweiseitigen Narrativen ist (Cohen, Tal-Or, & Mazor-Tregerman, 2015).

In der aktuellen Studie wurde der Einfluss von ein- und zweiseitigen Gegenbotschaften auf die Meinung zu einem kontroversen Thema untersucht. Den Probanden wurde dazu eine Geschichte über die aktuelle Flüchtlingsthematik vorgelegt. Dabei wurde entweder eine einseitige Argumentation genutzt oder eine zweiseitige Darstellung im Sinne von Pro-/ Contra-Argumenten.

Die Ergebnisse zeigen, dass eine beidseitige Darstellung von Argumenten (Counternarrativ) dazu führt, dass Personen weniger das Gefühl empfinden, dass ihre eigene Meinung aktiv beeinflusst wird. Dies wiederum führt zu einer erhöhten Wahrnehmung, in die Geschichte involviert zu sein, welches anschließend zu einer positiveren Einstellung gegenüber Flüchtlingen führt. Die Ergebnisse deuten daher daraufhin, dass zweiseitige Gegenbotschaften im Vergleich zu einseitigen Narrativen eher zur Extremismusprävention geeignet sind.

Literatur

Briggs, R., & Feve, S. (2013). Review of programs to counter narratives of violent extremism: What works and what are the implications for goverment? Institute for Strategic Dialogue, July, 2013.

Cohen, J., Tal-Or, N., & Mazor-Tregerman, M. (2015). The Tempering Effect of Transportation: Exploring the Effects of Transportation and Identification During Exposure to Controversial Two-Sided Narratives. Journal of Communication, 65(2), 237–258. https://doi.org/10.1111/jcom.12144

Slater, M. D., & Rouner, D. (2002). Entertainment-education and elaboration likelihood: Understanding the processing of narrative persuasion. Communication Theory, 12(2), 173–191. https://doi.org/10.1111/j.1468-2885.2002.tb00265.x

Steckbrief

Titel (deutsch): Zwei Seiten der gleichen Geschichte? Einseitige vs. zweiseitige Narrative im Kontext der Extremismusprävention
Titel (englisch): Two sides of the same story? One-sided vs. two-sided narratives in the context of extremism prevention
Erhebungszeitraum: 05/2017
Stichprobe (effektiv): 419
Stand der Informationen: 11.09.2017

Weitere Informationen

Publikationen Dr. Josephine B. Schmitt

Kontakt

Dr. Josephine B. Schmitt

© 2009-2024 SoSci Panel