Berger, Stefan

Multiple Teammitgliedschaften

Fluch oder Segen für Mitarbeiter?

Im Jahr 2017 ist es eher die Ausnahme als die Regel, dass Mitarbeiter ausschließlich in einem Team arbeiten. Unsere Studie zeigt, dass ca. 75% der befragten Probanden in zwei oder mehr Teams gleichzeitig beschäftigt sind. Dieses Ergebnis ist vergleichbar mit ähnlichen Befragungen und unterstreicht die Relevanz von sogenannten „Multiplen Teammitgliedschaften“ (MTM) in der Unternehmenspraxis.

Der Fokus von bisheriger Forschung lag insbesondere auf der Team-Ebene und der Frage, wie diese MTM Systeme möglichst effizient und gewinnbringend für Unternehmen gestaltet werden können (z.B. Bertolotti, Mattarelli, Vignoli, & Macrì, 2015; O’Leary, Mortensen, & Woolley, 2011). Lediglich eine Studie hat sich hingegen mit den individuellen Folgen für Mitarbeiter beschäftigt, die ihre Arbeitszeit auf mehrere Teams verteilen (Pluut, Flestea, & Curşeu, 2014). Diese zeigt, dass mit einer steigenden Anzahl an Teammitgliedschaften einerseits das Engagement der Mitarbeiter wächst, jedoch andererseits auch erhöhte Stresslevel verzeichnet werden. Aufgrund dieser zweischneidigen Effekte wurden im Rahmen der vorliegenden Befragung Einflussfaktoren identifiziert, die den Zusammenhang zwischen MTM und individueller Zufriedenheit, Gesundheit und Leistung positiv bzw. negativ beeinflussen.

Insbesondere stand das Persönlichkeitskonzept der Polychronizität im Fokus. Polychronizität wird als eine stabile Zeit-Präferenz von Individuen definiert, die auf einem Kontinuum zwischen ‚monochron‘ und ‚polychron‘ gemessen wird. Polychrone Personen beschäftigen sich am liebsten mit vielen Dingen gleichzeitig, wohingegen monochrone Menschen es bevorzugen, eine Aufgabe nach der anderen zu bearbeiten (für weitere Informationen siehe Bluedorn, Kaufman, & Lane, 1992). Da viele Teams auch viele gleichzeitige Anforderungen, Interessensgruppen, Aufgaben und Erwartungen mit sich bringen, war die Ausgangshypothese, dass eine hohe polychrone Orientierung ein kritischer Erfolgsfaktor bei der „Multi-Team“ Arbeit ist. Diese Vermutung wurde auch von den Daten unterstützt. So führt die Arbeit in einer großen Anzahl an Teams für polychrone Probanden zu positiven Resultaten (hohe Zufriedenheit, Gesundheit und Leistung), wohingegen monochrone Probanden durch die komplexen Anforderungen starke Rollenkonflikte erleben (einhergehend mit niedriger Zufriedenheit, Gesundheit und Leistung). Die Ergebnisse der Studie haben wichtige Implikationen für Rekrutierungs- sowie Teamzusammensetzungsprozesse in Unternehmen.

Quellen

Bertolotti, F., Mattarelli, E., Vignoli, M., & Macrì, D. M. (2015). Exploring the relationship between multiple team membership and team performance: The role of social networks and collaborative technology. Research Policy, 44(4), 911–924. DOI: 10.1016/j.respol.2015.01.019

Bluedorn, A. C., Kaufman, C. F., & Lane, P. M. (1992). How many things do you like to do at once? An introduction to monochronic and polychronic time. The Executive, 6(4), 17–26.

O’Leary, M. B., Mortensen, M., & Woolley, A. W. (2011). Multiple team membership: A theoretical model of its effects on productivity and learning for individuals and teams. Academy of Management Review, 36(3), 461–478.

Pluut, H., Flestea, A. M., & Curşeu, P. L. (2014). Multiple team membership: A demand or resource for employees? Group Dynamics: Theory, Research, and Practice, 18(4), 333–348. DOI: 10.1037/gdn0000016

Steckbrief

Titel (deutsch): Multiple Teammitgliedschaften – Fluch oder Segen für Mitarbeiter?
Titel (englisch): Multiple team memberships – a curse or blessing for employees?
Erhebungszeitraum: 02/2017–06/2017
Stichprobe (effektiv): 355
Stand der Informationen: 04.10.2017

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