Höglinger, Marc

Gesundheit in Deutschland

Spenderausweis und postmortale Organspendebereitschaft

Von den von uns befragten Personen, sagten 58%, dass sie über einen Spenderausweis verfügen. Weitere 3% der Befragten verfügen zwar nicht über einen Spenderausweis, haben aber in einer Patientenverfügung ihren Willen bezüglich Organspende bekundet. Von den Personen, die sich solcherart explizit zur Organspende geäußert haben, sagten 90%, sie willigen zur Organspende nach dem Tod ein. Interessant ist der Anteil der bereitwilligen Spender unter denjenigen, die nicht über einen Spenderausweis oder eine entsprechende Willensbekundung in einer Patientenverfügung verfügen. Der Anteil der Spendewilligen in dieser Gruppe ist mit 65% deutlich tiefer. Dennoch ist eine Mehrzahl von ihnen prinzipiell zur Organspende bereit. Insgesamt sagen 80% der Befragten, dass sie zu einer Organspende nach dem Tod grundsätzlich bereit sind. Die Spendebereitschaft unterscheidet sich kaum zwischen verschiedenen Subgruppen. Weder bezüglich Geschlecht, noch Religionszugehörigkeit finden sich signifikante Unterschiede. Einzig beim Alter zeigt sich, dass die Spendebereitschaft bei älteren Personen deutlich geringer ist, als bei jüngeren.

Abb. 2: Geäußerte Organspendebereitschaft nach dem Tod (in %, Linie steht für das 95%-Vertrauensintervall)

Sind Nicht-Spendebereite generell gegen die Organspende und würden sie selber auch kein Spenderorgan akzeptieren? Wir haben folgende Frage gestellt: „Können Sie sich vorstellen, dass Sie für sich selbst ein gespendetes Organ oder Gewebe für eine Transplantation annehmen würden, wenn Ihnen dadurch geholfen werden könnte?“ Von den Personen, die selber zu einer Spende nach dem Tod bereit sind, bejahten dies 97%. Von denjenigen, die nicht zu einer Spende bereit sind, bejaht mit 63% ein deutlich geringerer Anteil, als bei den Spendebereiten. Dennoch, mit 63% sind fast zwei Drittel der Nicht-Spendebereiten nicht grundsätzlich gegen die Organspende eingestellt. Sie sind bereit, selber ein Spenderorgan entgegenzunehmen, falls dies nötig würde.

Zustimmungs- vs. Widerspruchsregelung

Damit mehr Spenderorgane zur Verfügung stehen und um die herrschende Knappheit zu vermindern, werden eine Reihe von Vorschlägen diskutiert: Etwa ein Wechsel von der in Deutschland aktuell gültigen Zustimmungsregelung, bei der eine Zustimmung des Spenders oder seiner Angehörigen für eine postmortale Organentnahme notwendig ist, zur Widerspruchslösung, bei der eine Organentnahme grundsätzlich bei allen möglich ist, außer der Spender hat widersprochen oder seine Angehörigen haben Einwände. Unter den von uns Befragten bevorzugen 53% die Widerspruchsregelung, 40% die Zustimmungsregelung und 6% sind unentschlossen. Unterscheidet man nach spendebereiten und nicht spendebereiten Teilnehmern, so zeigt sich, dass 69% der Spendebereiten, aber nur 12% der Nicht-Spendebereiten die Widerspruchsregelung bevorzugen.

Einstellungen zur Priorisierung von Spendebereiten bei der Organzuteilung

Ein weiterer Vorschlag der in die Diskussion gebracht wurde, ist die Priorisierung von Spendebereiten bei der Organzuteilung. Personen, die sich selber zur Organspende bereit erklärt haben, würden bei der Zuteilung verfügbarer Organe relativ zu Personen, die sich selber nicht zu einer Spende bereit erklärt haben, bevorzugt. In Israel wurde eine solche Regelung kürzlich eingeführt. Unsere Erhebung zeigt zudem, dass eine Regelung, bei der Spender gegenüber Nicht-Spendern bevorzugt bei der Organzuteilung behandelt werden, zurzeit nicht mehrheitsfähig ist. Nur 29% aller Respondenten stimmt einer solchen Regelung klar, oder eher zu.

Steckbrief

Titel (deutsch): Gesundheit in Deutschland
Titel (englisch): Health in Germany
Erhebungszeitraum: 01/2017–02/2017
Stichprobe (effektiv): 3.291
Stand der Informationen: 05.02.2017

Weitere Informationen

Institut für Soziologie (Universität Bern)

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Marc Höglinger

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