Hellmann, Deborah F.

Männliche Betroffene von Stalking in Deutschland

Im deutschen Strafgesetz ist Stalking als „Nachstellung“ mit § 238 StGB unter Strafe gestellt. Aus wissenschaftlicher Sicht lässt sich Stalking verkürzt definieren als obsessives Verfolgen und Belästigen eines anderen Menschen gegen dessen Willen (z. B. Mullen & Pathé, 2002). Bisher hat sich die Forschung zu diesem Thema überwiegend auf weibliche Betroffene konzentriert, da Frauen im Vergleich zu Männern generell ein höheres Risiko aufweisen, in ihrem Leben gestalkt zu werden (z. B. Hellmann & Kliem, 2015). Dass auch Männer von Stalking betroffen sind und zudem auch an den Folgen dieser Viktimisierung leiden, wurde in der Forschung im deutschen Sprachraum bisher überwiegend vernachlässigt (vgl. z. B. Pereira, Matos, Sheridan & Scott, 2015).

Mithilfe der vorliegenden Studie sollten vier zentrale Forschungsfragen geklärt werden:

  1. Wie verbreitet ist Stalking von Männern?
  2. Welche Täter-Opfer-Konstellationen sind in diesen Fällen typisch?
  3. Was sind mögliche Folgen von Stalking bei Männern?
  4. Kann eine hohe wahrgenommene soziale Unterstützung vor Stalking schützen?

Neben der Prävalenz von Stalking (siehe Stetten & Hellmann, 2016) wurden gegebenenfalls weitere Details zum Tatgeschehen erfasst sowie diverse mögliche Konsequenzen der Viktimisierung (z. B. PHQ-4; Löwe et al., 2010) und die wahrgenommene soziale Unterstützung (F-SozU6; Kliem et al., 2015) erfragt.

Überraschend war, dass die Prävalenz bei einer breiten Definition von Stalking mit 33 % vergleichsweise hoch war (vgl. Hellmann & Kliem, 2015). Zusätzlich berichteten 6 % der Befragten, dass sie in ihrem Leben zwar noch nicht von Stalking betroffen waren, allerdings selbst bereits eine andere Person gestalkt hätten. Zwischen den Betroffenen von Stalking und den Nicht-Betroffenen bestanden signifikante Unterschiede in ihrem psychischen Wohlbefinden, beispielsweise hinsichtlich der selbsteingeschätzten Depressivität, dem Angsterleben und externaler Kontrollüberzeugungen. Weiterhin wiesen Betroffene ein geringeres Ausmaß an wahrgenommener sozialer Unterstützung im Vergleich zu Nicht-Betroffenen auf.

Beim Vergleich dieser Daten mit anderen Befragungsergebnissen ist zu berücksichtigen, dass es sich hier zum einen nicht um Angaben von Befragten einer repräsentativen Stichprobe handelt und zum anderen durch die Ankündigung als „Studie unter männlichen Befragten zu unerwünschtem zwischenmenschlichen Verhalten“ Selbstselektionseffekte aufgetreten sein könnten.

Literatur

Hellmann, D. F. & Kliem, S. (2015). The prevalence of stalking – Current data from a German victim survey. European Journal of Criminology, 12, 700-718.

Kliem, S., Mößle, T., Rehbein, F., Hellmann, D. F., Zenger, M. & Brähler, E. (2015). A brief form of the Perceived Social Support Questionnaire (F-SozU) was developed, validated and standardized. Journal of Clinical Epidemiology, 68, 551-562.

Löwe, B., Wahl, I., Rose, M., Spitzer, C., Glaesmer, H., Wingenfeld, K., ... & Brähler, E. (2010). A 4-item measure of depression and anxiety: validation and standardization of the Patient Health Questionnaire-4 (PHQ-4) in the general population. Journal of Affective Disorders, 122, 86-95.

Mullen, P. E. & Pathe, M. (2002). Stalking. Crime and Justice, 29, 273-318.

Pereira, F., Matos, M., Sheridan, L. & Scott, A. J. (2015). Perceptions and personal experiences of unwanted attention among Portuguese male students. Psychology, Crime & Law, 21, 398-411.

Stetten, L.-M. & Hellmann, D. F. (2016). Die KFN-Befragung 2011 – Eine deutschlandweit repräsentative Dunkelfeldstudie. In D. F. Hellmann (Hrsg.), Stalking in Deutschland (S. 63-75). Baden-Baden: Nomos.

Steckbrief

Titel (deutsch): Männliche Betroffene von Stalking in Deutschland
Titel (englisch): Male victims of stalking in Germany
Erhebungszeitraum: 09/2016–10/2016
Stichprobe (effektiv): 886
Stand der Informationen: 04.01.2017

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