Bruns, Sophie; Scherer, Helmut & Niemann-Lenz, Julia

Bad News?

Wenn Nachrichten Emotionen wecken. Eine experimentelle Studie zur Informationsverarbeitung emotionalisierender Nachrichten unter Berücksichtigung der emotionalen Reaktion des Rezipienten.

In der Diskussion um die Funktionalität und Dysfunktionalität von Emotionen für die gesellschaftliche Kommunikation und demokratische Willensbildung stehen auch Nachrichtenangebote immer wieder in der Kritik, durch Boulevardisierung, Infotainisierung und Emotionalisierung von Nachrichten zu einer Entpolitisierung und Verflachung des politischen Diskurses beizutragen (Bernhard, 2012, S.40). Im Zusammenhang mit der politischen Willensbildung sind die Aufmerksamkeit für den Nachrichtenartikel, die Erinnerung an die enthaltenen Informationen und die Präferenz für unterschiedliche politische Maßnahmen von besonderer Bedeutung. Auf Basis des Limited Capacity Models of Mediated Motivated Message Processing (Lang, 2000, 2006) kann man aber vermuten, dass emotionalisierende Inhalte eher die Aufmerksamkeit des Rezipienten/der Rezipientin erregen und zu einer vertiefenden Verarbeitung motivieren als nicht emotionalisierende Inhalte, da sie besonders auffällig sind und motivationale Dispositionen ansprechen.

Vor diesem Hintergrund untersucht die Studie, welche Rolle emotionale Inhalte, Bilder und Beschreibungen bei der Rezeption von Nachrichten zu politischen Themen spielen. Dabei interessiert zunächst die emotionale Reaktion des Rezipienten/der Rezipientin, da eine Emotionalisierung von Nachrichten nicht zwangsläufig einen Einfluss auf die Verarbeitung des Artikels durch den Rezipienten/die Rezipientin hat. Emotionalisierende Elemente haben lediglich das Potenzial, eine emotionale Reaktion auszulösen (Scherer, 1998). Diese bildet die motivationale Grundlage für die Ausrichtung der Aufmerksamkeit auf die für die Emotion relevanten Informationen. Die Emotionalisierung von Nachrichtenartikeln und die emotionale Reaktion werden daher in der Studie gleichermaßen berücksichtigt.

Im Rahmen eines Online-Experiments lasen die Teilnehmenden unterschiedliche Varianten eines Nachrichtenartikels zum Thema Alkohol am Steuer und beantworteten anschließend Fragen zu ihrer Aufmerksamkeit während des Lesens, ihrer Erinnerung an bestimmte Informationen aus dem Nachrichtenartikel und ihrer Präferenz für politische Maßnahmen in Bezug zum Thema Alkohol am Steuer.

Die Ergebnisse zeigen, dass die Emotionalisierung des Nachrichtenartikels insbesondere zu einer höheren Aufmerksamkeit und zu einer höheren Präferenz für politische Maßnahmen, die eine härtere Bestrafung von Verursachern alkoholbedingter Unfälle vorsehen, führt. Zudem wird der Einfluss der Emotionalisierung eines Nachrichtenartikels auf die Aufmerksamkeit, Erinnerung und Präferenz für politische Maßnahmen entscheidend durch die emotionale Reaktion vermittelt. Löst ein emotionaler Nachrichtenartikel keine emotionale Reaktion bei dem Rezipienten/der Rezipientin aus, ergibt sich kein Unterschied für die Verarbeitung des Nachrichtenartikels im Vergleich zu einem neutralen Nachrichtenartikel.

Literatur

Bernhard, U. (2012). Infotainment in der Zeitung: Der Einfluss unterhaltungsorientierter Gestaltungsmittel auf die Wahrnehmung und Verarbeitung politischer Informationen. Baden-Baden: Nomos.

Lang, A. (2000). The limited capacity model of mediated message processing. Journal of Communication, 50(1), 46–70.

Lang, A. (2006). Using the Limited Capacity Model of Motivated Mediated Message Processing to Design Effective Cancer Communication Messages. Journal of Communication, 56, 57–80.

Scherer, K. R. (1998). Emotionsprozesse im Medienkontext: Forschungsillustrationen und Zukunftsperspektiven. Medienpsychologie, 10(4), 276–293.

Steckbrief

Titel (deutsch): Bad News? Wenn Nachrichten Emotionen wecken. Eine experimentelle Studie zur Informationsverarbeitung emotionalisierender Nachrichten unter Berücksichtigung der emotionalen Reaktion des Rezipienten.
Titel (englisch): Bad News? When News trigger Emotions. An experimental study on the effects of emotional news on emotional reaction and information processing.
Erhebungszeitraum: 09/2016
Stichprobe (effektiv): 330
Stand der Informationen: 16.11.2016

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Institut für Journalistik und Kommunikationsforschung (HMTMH)

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Sophie Bruns

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