Weber, Timon

Der „Watching Eyes“-Effekt in der Online-Befragung

Die schriftliche Befragung gilt als eines der zentralen Erhebungsinstrumente der empirischen Sozialforschung. Das Ziel bei der Konstruktion eines Fragebogens sowie bei der Durchführung einer entsprechenden Erhebung ist es, die „Wahrheit“ möglichst gut abbilden zu können – also die Diskrepanz zwischen den gemessenen und den tatsächlich vorkommenden Ausprägungen der erhobenen Merkmale zu minimieren. Um dieses Ziel erreichen zu können, ist es unerlässlich, Effekte zu benennen und gegebenenfalls zu kontrollieren, welche Einfluss auf das Antwortverhalten der Befragten haben und somit die Qualität der Befragungsergebnisse gefährden könnten.

Mithilfe eines Methodenexperiments sollte festgestellt werden, inwiefern eine solche Gefahr von Abbildungen ausgeht, die frontal blickende Augenpaare – sogenannte „Watching Eyes“ – zeigen. Seit Anfang des 21. Jahrhunderts konnten einige Labor- und Feldexperimente solchen Abbildungen bereits Einfluss auf prosoziales Verhalten nachweisen: Probanden zeigten unter entsprechendem Einfluss teilweise ähnliche Verhaltensmuster, wie sie auch unter tatsächlicher Beobachtung zu erwarten wären. Für die Befragung lässt sich damit eine Verzerrung in die Richtung des Ortes sozialer Erwünschtheit prognostizieren.

Zur methodischen Tarnung behandelte die durchgeführte Befragung das Thema Umweltschutz, welchem ein einheitlich definierter Ort sozialer Erwünschtheit nachgesagt werden kann. In der Kopfzeile des Fragebogens wurden für einige Probanden stilisierte oder fotografierte Augenpaare eingeblendet. Zusätzlich wurde eine Skala zur Messung von sozial erwünschtem Antwortverhalten im zweiten Teil des Fragebogens platziert.

Entgegen der Erwartung konnte kein von den Abbildungen ausgehender Effekt auf die Befragungsergebnisse festgestellt werden, wenngleich jedoch die Einblendung einer stilisierten Abbildung dazu führte, dass der Fragebogen signifikant (p < 0,01) schneller bearbeitet wurde. Es ist zu vermuten, dass die während einer Online-Befragung vorherrschende Situation sich derart von der Situation eines Laborexperiments unterscheidet, dass „Watching Eyes“ keine Wirkung auf das Antwortverhalten zeigen können. Worin genau dieser Unterschied besteht, ist in einer Folgestudie zu klären.

Steckbrief

Titel (deutsch): Der „Watching Eyes“-Effekt in der Online-Befragung
Titel (englisch): The Watching Eyes Effect in Online Surveys
Erhebungszeitraum: 04/2016
Stichprobe (effektiv): 250
Stand der Informationen: 14.10.2016

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