Eisele, Anita

Die Kehrseite der Medaille

Wenn unerwünschte Selbstkongruenz zu negative Gefühlen und Markenvermeidung führt

Spiegelt die Marke Aspekte der menschlichen Persönlichkeit wider, so spricht man von Selbstkongruenz (Liberatore & Tscheulin, 2011). Dabei lag der Fokus bisheriger Forschungsarbeiten vor allem auf dem Phänomen der positiven Selbstkongruenz (Bosnjak & Rudolph, 2008). Zahlreiche Studien belegen, dass sich eine Verbindung der Marke mit tatsächlichen oder idealisierten Persönlichkeitsfacetten vorteilhaft auf die Markenpräferenz auswirkt und unter anderem in einer gesteigerten emotionale Bindung des Konsumenten an die Marke resultiert (Malär et al., 2011).

Grundsätzlich kann die Marke allerdings nicht nur erstrebenswerte sondern auch unerwünschte Persönlichkeitseigenschaften verkörpern (Sirgy, 1982). Folglich stellt sich auch die Frage nach den emotionalen und verhaltensbezogenen Konsequenzen einer Übereinstimmung der Marke mit dem unerwünschten Selbst des Konsumenten. Die Betrachtung unerwünschter Selbstkongruenz erscheint dabei besonders vielversprechend, da sie bisherige Erkenntnisse ergänzt und somit Einsicht in das komplette Spektrum markenbezogener Ansichten sowie eine potentielle Optimierung und Ausbalancierung der Markenpositionierung verspricht.

Als Rahmen für die durchgeführte Studie wurde der Modemarkt gewählt, da Kleidung und Accessoires neben ihrem funktionalen Nutzen vor allem aus Gründen der Selbstdarstellung erworben und konsumiert werden. Zu Beginn der Studie wurden die Teilnehmer mit fünf gängigen Modemarken konfrontiert und gebeten, eine für sie negativ belegte Marke auszuwählen. Dann bewerteten die Teilnehmer unter anderem die moralische Reputation der entsprechenden Marke, ihre Übereinstimmung mit unerwünschten Eigenschaften und gaben an, welche spezifischen Gefühle sie gegenüber der Marke empfinden.

Die Analyse der resultierenden Datengrundlage ergab, dass sowohl unerwünschte Selbstkongruenz als auch eine negative Einschätzung der moralischen Markenreputation Trauer und Wut auslösen sowie die generelle Bewertung der Marke verschlechtern. Während Trauer keine verhaltensbezogenen Konsequenzen nach sich zieht, resultieren Empörung, Verärgerung und Aufgebrachtheit in einer bewussten Vermeidung der Marke und negativen Äußerungen über die Marke gegenüber Freunden und Bekannten. Obwohl weder unerwünschte Selbstkongruenz noch eine negative moralische Reputation der Marke zu Verlegenheit führen, zeigte sich diese Emotion im Allgemeinen als Auslöser für Markenvermeidung und Beschwerdeverhalten. Weiterhin ergab die Analyse, dass die beschriebenen Zusammenhänge je nach Konsumentenpersönlichkeit variieren, wobei beispielsweise das Selbstwertgefühl eine Rolle spielt.

Literatur

Bosnjak, Michael, & Rudolph, Nina (2008). Undesired self-image congruence in a low-involvement product context. European Journal of Marketing, 42(5&6), 702-712.

Liberatore, Ariane, & Tscheulin, Dieter K. (2011). Persönlichkeitsübereinstimmungen zwischen Marke und Konsument: Stand der empirischen Selbstkongruenzforschung und verbleibende Investigationsdirektiven. Zeitschrift für Betriebswirtschaft, 81(5), 587-618.

Malär, Lucia, Krohmer, Harley, Hoyer, Wayne D., & Nyffenegger, Bettina (2011). Emotional brand attachment and brand personality: The relative importance of the actual and the ideal self. Journal of Marketing, 75(4), 35-52.

Sirgy, M. Joseph (1982). Self-concept in consumer behavior: A critical review. Journal of Consumer Research, 9(3), 287-300.

Steckbrief

Titel (deutsch): Die Kehrseite der Medaille – Wenn unerwünschte Selbstkongruenz zu negative Gefühlen und Markenvermeidung führt
Titel (englisch): The other side of the coin – When undesired self-congruence causes negative emotions and brand avoidance
Erhebungszeitraum: 10/2015
Stichprobe (effektiv): 653
Stand der Informationen: 08.01.2016

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Anita Eisele

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