Franz, Christina; Sattlegger, Manuela & Bidmon, Sonja

Der Einfluss von Persönlichkeit und Bindungsstil auf Kundenzufriedenheit und Kundenbindung im Mobilfunkmarkt

Während in der Persönlichkeitspsychologie das Big Five Modell (Costa & McCrae, 1992) ein bereits seit langem etabliertes Konzept darstellt, wurde bislang nur spärlich versucht, den Einfluss der Big Five in der Kundenzufriedenheitsforschung zu analysieren. Auch die im Rahmen der Bindungstheorie (Bowlby, 1987; Ainsworth/Bowlby, 1991) konzipierten Bindungsstile wurden bislang kaum in das Marketing übertragen. Die vorliegende Studie soll diese Lücke schließen und untersucht in zwei Teilen sowohl den Einfluss des Bindungsstils als auch den Einfluss der Big Five auf die Kundenzufriedenheitswirkungskette im Anwendungsfeld der Mobilfunkbranche. Der Mobilfunksektor wurde als Analysefeld ausgewählt, weil der Markt der Telekommunikation ein extrem schnelllebiger und innovativer ist, welcher durch einen scharfen Preiswettbewerb und einen ständigen Konkurrenzkampf um Marktanteile gekennzeichnet ist. 2014 gab es 120,4 Mobilfunkverträge pro 100 Einwohner in Deutschland (Destatis, 2014), Angesichts dieser wettbewerbsintensiven Rahmenbedingungen stellt sich die Frage, welche Antezendenzvariablen auf die Kundenzufriedenheit mit dem Mobilfunkanbieter wirken und von welchen Charakteristika der KonsumentInnen die Wichtigkeit dieser Einflussvariablen abhängt, um das Kundenzufriedenheitsmanagement zielgerechter gestalten zu können.

Die vorliegende Studie besteht aus zwei getrennten Teilen. Teil 1 untersuchte, welchen Einfluss die Big Five der KonsumentInnen (Extraversion, Neurotizismus, Verträglichkeit, Offenheit für Erfahrungen und Gewissenhaftigkeit) auf die Kundenzufriedenheit und Kundenbindung im Mobilfunksektor haben. Insgesamt n=236 Personen haben an der Befragung teilgenommen, wovon nach dem Datencheck n=201 Datensätze für eine weitere Analyse im Teilbereich der Persönlichkeit und n=177 im Teilbereich der Bindungsstile geeignet waren. Von den n=201 Befragten waren 41,3 % männlich, 54,2 % weiblich, 4,5 % gaben keine Auskunft über ihr Geschlecht. Das Durchschnittsalter betrug 36,6 Jahre (n=192). Das Hauptwohnsitzland war Deutschland (75,6 %), gefolgt von Österreich (16,4 %), und der Schweiz (2 %) sowie Sonstigem (1,5 %). 4,5 % gaben hier keine Auskunft. Die Big Five wurden mit dem von Lang, Lüdtke & Asendorpf (2001) entwickelten Inventar auf einer fünfstufigen Skala (1=trifft vollkommen zu, 5=trifft überhaupt nicht zu) erhoben. Der Fragebogen enthielt überdies Items zur Globalzufriedenheit, zur Kundenbindung sowie elf Items zur Zufriedenheit auf der Attributebene mit dem Mobilfunkanbieter (1=sehr zufrieden, 5= sehr unzufrieden). Die mittels Cronbachs Alpha berechneten Skalenreliabilitäten ergaben zufriedenstellende Werte.

Die mittels t-Test berechneten Gruppendifferenzen (Mediansplit pro Persönlichkeits­dimension) ergab Niveauunterschiede für die Gesamtzufriedenheit nur für die Persönlichkeitsdimension Gewissenhaftigkeit. Höher gewissenhafte KundInnen zeigten eine höhere Zufriedenheit mit ihrem Mobilfunkanbieter (t=2,22, p=.028).

Multiple Regressionen für die Paare der Teilsamples pro Persönlichkeitsfaktor zeigten Unterschiede in der Wichtigkeit der Einflussvariablen für die Erklärung der Gesamtzufriedenheit. Die erklärte Varianz durch die verschiedenen Einflussfaktoren auf der Attributebene betrug für die Gesamtzufriedenheit für die verschiedenen Regressionen jeweils mehr als 60%. So z.B. zeigte sich für die Persönlichkeitsdimension Offenheit für Erfahrungen ein signifikanter Einfluss der Kommunikationsqualität an erster Stelle für Personen mit hohem Score in dieser Dimension, während für Personen mit geringem Score in dieser Persönlichkeitsdimension der Preis des derzeitigen Tarifs als wichtigster Einflussfaktor (gemessen an der Höhe des standardisierten Regressionskoeffizienten) zur Erklärung der Gesamtzufriedenheit beiträgt. Teil 2 untersuchte, welchen Einfluss der Bindungsstil der KonsumentInnen auf die Kundenzufriedenheit und Kundenbindung mit dem jeweiligen Mobilfunkanbieter hat. Zur Messung des Bindungsstils wurden die Beziehungsspezifischen Bindungsskalen für Erwachsene (Asendorpf, Banse, Wilpers & Nyer, 1997) eingesetzt. Auch hier zeigten sich Unterschiede in der Wichtigkeit der Einflussfaktoren in Abhängigkeit von der Ausprägung auf den beiden Bindungsstildimensionen.

Aus praktischer Sicht bedeuten diese ersten Ergebnisse, dass Mobilfunkanbieter überlegen sollten, neben soziodemografischen Segmentierungsansätzen in Zukunft auch vermehrt psychografische Variablen in ihre Marketingplanung miteinbeziehen sollten. Weiterer Forschungsbedarf ergibt sich somit in der Fragestellung nach der Identifizierung einfach zu erhebender Begleitvariablen, die mit hohen vs. niedrigen Ausprägungen in den Persönlichkeitsdimensionen einhergehen. Zudem könnte der Einsatz einer Penalty-Reward-Contrast-Analyse (PRCA) zur Identifizierung der Faktorstruktur von Kundenzufriedenheit im Mobilfunksektor pro Teilsample interessant sein, Dadurch könnte man eruieren, welches Begeisterungspotenzial einzelne Attribute (z.B. Vielfalt der Auswahl an neuen Handys, Netzabdeckung, Kommunikationsqualität oder Kundenbetreuung) aus der Sicht einzelner Kundensegmente haben und den Marketingmix in der Praxis zielgruppengerechter gestalten.

Steckbrief

Titel (deutsch): Der Einfluss von Persönlichkeit und Bindungsstil auf Kundenzufriedenheit und Kundenbindung im Mobilfunkmarkt
Titel (englisch): The influence of personality traits and attachment style on customer satisfaction and customer loyalty in the mobile telecommunication market
Erhebungszeitraum: 06/2015–08/2015
Stichprobe (effektiv): 201
Stand der Informationen: 07.12.2015

Publikationen

Bidmon, S. & Sattlegger, M. (2017). The impact of the attachment style on customer satisfaction with the mobile service provider. Vortrag auf der IMTC EMEA 2017, Madrid. Available online

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Christina Franz

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