Lorenz, Janne

Bully oder Buddy?

Ein Online-Experiment zur Eingriffsbereitschaft bei Cyberbullying in Abhängigkeit von der Anzahl der Bystander und dem sozialen Status des Opfers.

In Cyberbullying-Prozessen spielen nicht nur Täter und Opfer eine entscheidende Rolle, sondern auch nicht direkt involvierte Personen, die solche Vorfälle als Zuschauer beobachten. Das Verhalten dieser sogenannten „Bystander“ beeinflusst entscheidend die Wahrnehmung und den Verlauf des Cyberbullyings (Fawzi & Goodwin 2011).

Im Rahmen der Studie wurde mittels eines Online-Experiments (2x2 Design) überprüft, ob die Anzahl der Bystander einen Einfluss auf die Interventionsbereitschaft bei einem Cyberbullying-Vorfall hat. Basierend auf Forschungsergebnissen aus dem Offline-Bereich zum sogenannten Bystander-Effekt wurde angenommen, dass unbeteiligte Beobachter dann weniger bereit sind in einen Cyberbullying-Vorfall einzugreifen, wenn mehr Bystander diesen Vorfall beobachten (Darley & Latané 1968). In einem zweiten Schritt wurde erstmals getestet, ob Opfer von Cyberbullying mit einem niedrigen sozialen Status weniger durch ein positives Bystander-Verhalten unterstützt werden, als Opfer, die einen hohen sozialen Status aufweisen.

Hierzu erhielten Teilnehmer der Studie, die zwischen 16 und 26 Jahren alt waren, unterschiedliche Screenshots einer Facebook-Gruppe sowie eines Facebook-Profils. Die verschiedenen Versionen zeigten dabei eine niedrige beziehungsweise hohe Zahl an Bystandern („Gesehen von _“) sowie ein isoliertes beziehungsweise integriertes Profil des fiktiven Cyberbullying-Opfers. Gleichbleibende Elemente des Stimulusmaterials waren in allen experimentellen Variationen die Darstellung eines fiktiven Cyberbullying-Szenarios, im Rahmen dessen das fiktive Opfer in einer Facebook-Gruppe bloßgestellt wurde. Zusätzlich wurden die generelle Einstellung zum Bullying, die Selbstwirksamkeit sowie das persönliche Verantwortungsgefühl der Probanden des Online-Experiments abgefragt.

Ergebnisse der Studie zeigen, dass das verwendete Stimulusmaterial wie intendiert wahrgenommen wurde. Der dargestellte Cyberbullying-Vorfall wurde als realistisch betrachtet. Jedoch konnte kein signifikanter Effekt der Anzahl der Bystander auf die Interventionsbereitschaft nachgewiesen werden. Probanden, die davon ausgingen, dass wenige Bystander den Cyberbullying-Vorfall beobachteten, unterscheiden sich in ihren Angaben zum positiven Bystander-Verhalten nicht signifikant von denjenigen Teilnehmern, die von vielen Beobachtern des Vorfalls ausgingen. Die Analyse zeigt ferner keinen Einfluss des sozialen Status des Opfers auf die Eingriffsbereitschaft der Bystander. Auch hier liegen keine signifikanten Unterschiede bezüglich der Angaben der Teilnehmer und den angezeigten Profilen, die einen niedrigen sozialen Status oder einen hohen sozialen Status implizierten, vor. Die Auswertung der Ergebnisse zeigt allerdings einen signifikant positiven Einfluss der Selbstwirksamkeit der Teilnehmer auf die Eingriffsbereitschaft. Ein signifikant positiver Zusammenhang besteht auch zwischen der Bereitschaft zur Unterstützung und dem Gefühl der persönlichen Verantwortung, das in der Forschung zum Bystander-Effekt eine wichtige Rolle spielt.

Literatur

Fawzi, N. & Goodwin, B. (2011). Witnesses of the Offense. What Influences the Behavior of Bystanders of Cyberbullying? Vortrag auf der 61. Jahrestagung der International Communication Association (ICA), Boston.

Darley, J. M. & Latané, B. (1968). Bystander intervention in emergencies: Diffusion of responsibility. Journal of Personality and Social Psychology, 8(4), 377-383.

Steckbrief

Titel (deutsch): Bully oder Buddy? Ein Online-Experiment zur Eingriffsbereitschaft bei Cyberbullying in Abhängigkeit von der Anzahl der Bystander und dem sozialen Status des Opfers.
Titel (englisch): Bully or Buddy? An Online Experiment on Readiness to Intervene in Cyberbullying as Dependent on the Number of Bystanders and the Social Status of the Victim.
Erhebungszeitraum: 02/2015
Stichprobe (effektiv): 104
Stand der Informationen: 30.05.2015

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Janne Lorenz

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