Mezger, Andrea

Konzeptionalisierung von Vertrauen und die Entwicklung eines theoretischen Modells zur Vertrauensmessung im (Öko-) Strommarkt

Im Rahmen der Studie wurde untersucht, wie Konsumentenvertrauen in Ökostromanbieter gemessen werden kann sowie welche Faktoren dieses Vertrauen beeinflussen. Die hier zugrundeliegenden Mechanismen unterscheiden sich deutlich von anderen Konsumgütern. Strom ist ein homogenes Produkt ohne Differenzierungsmöglichkeiten, bei dem seltene Kaufentscheidungen mit relativ niedrigem Involvement getroffen werden. Zudem weist grüner Strom starke „Glaubenseigenschaften“ auf, da die (umweltbezogenen) Eigenschaften wie Herkunft und Quelle von Ökostrom durch Kunden nicht prüfbar sind. Ziel ist die Erstellung eines umfassenden Vertrauensmodells im Strommarkt, um letztlich aus Anbietersicht geeignete Hebel zur Stärkung des Vertrauens ableiten zu können. Dieses Vertrauen stärkt zum einen die Loyalität bei einem bestehenden Kundenverhältnis zu einem Ökostromanbieter, bildet aber auch die Voraussetzung für Wechselwillige zu einem grünen Stromanbieter zu wechseln.

Vertrauen in Ökostromanbieter kann über vier Konstrukte gemessen werden, die über eine vorgelagerte explorative Forschung ermittelt wurden: Kompetenz, Verantwortlichkeit, Authentizität sowie Offenheit. Kompetenz beschreibt das Expertenwissen und die Fähigkeit des Anbieters Probleme zu lösen. Verantwortlichkeit spiegelt eine bereits bei den Konsumenten stark ausgeprägte „Ökoorientierung“ wieder und stellt die Frage, ob der Anbieter sich seiner nachhaltigen Verantwortlichkeit stellt. Authentizität umfasst Eigenschaften wie Ehrlichkeit, Zuverlässigkeit und Ernsthaftigkeit (des Interesses am Konsumenten und seinen Bedürfnissen). Offenheit zeigt, wie zugänglich der Anbieter für Konsumenten und ihre Anliegen und Probleme ist.

Die Studie stellt Hypothesen zu vier vorausgehenden, vertrauensbildenden Faktoren für Vertrauen in Ökostromanbieter auf. Diese Faktoren sind die Reputation des Anbieters, das wahrgenommene Risiko (z.B. die Versorgungssicherheit nicht gewährleisten zu können), die wahrgenommene Umweltwirkung sowie die allgemeine Vertrauensneigung des Konsumenten. Je stärker diese Faktoren ausgeprägt sind, desto höher das Konsumentenvertrauen (Ausnahme: wahrgenommenes Risiko weist eine negative Beziehung zu Vertrauen auf).

Im Rahmen der Studie wurden zwei Modelle gerechnet, für Kunden von konventionellen Stromanbietern sowie für Ökostromkunden. Dabei zeigt sich, dass Kunden von konventionellen Anbietern ein signifikant niedrigeres Vertrauen in Ökostromanbieter haben als deren heutige Kunden. Dieser Vertrauensunterschied wird durch die genannten weiteren Faktoren erklärt. Grundsätzlich bestätigen beide Modelle die Eingangshypothesen zu den vertrauensbildenden Faktoren sowie auch den Ansatz zur Vertrauensmessung gleichermaßen. Im ersten Modell (konventionelle Anbieter) stärkt das Vertrauen die Wechselneigung zu Ökostromanbietern, während im zweiten Modell (heutige Ökostromkunden) die Loyalität zu ihrem Anbieter erhöht wird. Darüber hinaus weist das Modell für Ökostromkunden eine nicht signifikante Beziehung zwischen Reputation und Vertrauen auf. Die deutet darauf hin, dass diese Kunden v.a. wegen des Umweltnutzens gewechselt sind. Hierbei wurden (bewusst oder unbewusst) mögliche Risiken, die sich aus fehlender Reputation ergeben, in Kauf genommen.

Im Rahmen der Studie wurde zusätzlich ein Modell getestet, bei dem die Vertrauensneigung als Moderator auf die vorausgehenden Faktoren modelliert wird. Dieses Modell weist einen schlechteren „Fit“ auf und wurde daher zurückgestellt. Interessanterweise zeigt sich jedoch, dass bei konventionellen Kunden Reputation durch die Vertrauensneigung moderiert wird. Bei Ökostromanbieter bestätigt sich das Ergebnis, dass Reputation sowohl bei Konsumenten mit einer hohen als auch bei Konsumenten mit einer niedrigen Vertrauensneigung, keine Rolle zur Vertrauensbildung in Ökostromanbieter spielt. Dies lässt die Schlussfolgerung zu, dass zur Gewinnung neuer Kunden v.a. reputationsbildende Maßnahmen ein wichtiger Hebel sein können.

Steckbrief

Titel (deutsch): Konzeptionalisierung von Vertrauen und die Entwicklung eines theoretischen Modells zur Vertrauensmessung im (Öko-) Strommarkt
Titel (englisch): Conceptionalisation of consumer trust and the development of a theoretical model to measure trust in (green) electricity suppliers
Erhebungszeitraum: 10/2014–11/2014
Stichprobe (effektiv): 1.018
Stand der Informationen: 09.04.2015

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Andrea Mezger

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