Kuecuekbalaban, Pinar; Knuth, Daniela; Hahm, Stefanie; Lemanski, Sandra; Szymczak, Hermann & Schmidt, Silke

Einsatz sozialer Medien in Krisen- und Katastrophensituationen

Während des letzten Hochwassers im Juni 2013 konnte eindrucksvoll beobachtet werden, welche Rolle soziale Medien in Krisen- und Katastrophensituationen spielen und in welchem Ausmaß sie als Anlaufstelle für Betroffene und Helfer genutzt wurden. Neben den positiven Aspekten, wie der punktgenauen Bereitstellung von Hilfeleistungen, gab es aber auch negative Seiten, die sich z.B. durch eine Verselbstständigung der Fluthilfe im Netz äußerten. Dies unterscheidet Deutschland hinsichtlich der Nutzung von sozialen Medien in Krisen- und Katastrophensituationen deutlich von anderen Ländern und wirft Forschungsfragen auf. Einen Beitrag zur Beantwortung dieser Fragen will das EU-geförderte Projekt iSAR+ leisten.

Dazu wurde u.a. untersucht, wie viel Vertrauen den sozialen Medien entgegengebracht wird und ob es diesbezüglich Unterschiede zwischen verschiedenen Quellen, wie der Feuerwehr oder Politikern gibt. Näher betrachtet wurden die sozialen Medien Facebook, Twitter, YouTube und Messenger-Dienste, wie z.B. WhatsApp oder Threema.

Interessanterweise ist zum einen das allgemeine Vertrauen in krisen- und katastrophenbezogenen Informationen via sozialer Medien trotz steigender Nutzerzahlen gering und zum anderen konnten keine bedeutsamen Unterschiede zwischen den Quellen festgestellt werden. Ausgeprägt ist hingegen der Vertrauens- und Nutzungsvorsprung, den Facebook und die Messenger-Dienste bei den Nutzern haben.

Angesichts der hohen Relevanz des Themas in der öffentlichen Diskussion, wollten wir von Hochwasserbetroffenen wissen, wie viele denn tatsächlich in dieser Situation ein soziales Medium genutzt haben. Die Antworten waren überraschend: Von den über 1000 Befragten hat zwar mehr als die Hälfte bereits ein Hochwasser erlebt. Allerdings ist der Anteil derer, die in dieser Situation auch ein soziales Medium genutzt haben, recht gering. Der größte Anteil entfiel dabei auf Facebook (jeder 6.).

Des Weiteren wollten wir wissen, in welcher Phase eines Hochwassers die Nutzung sozialer Medien als besonders hilfreich eingeschätzt wird. Die Anforderungen an zugängliche Informationen oder Verhaltenshinweisen sind für die Phasen vor, während und nach eines Hochwassers sehr unterschiedlich und beeinflussen sowohl den Inhalt als auch die Art der Kommunikation zwischen Betroffenen und Ersthelfern. Unter Berücksichtigung soziodemografischer Daten zeigten sich dann auch keine einfachen Effekte, sondern ein Wechselspiel zwischen der Nützlichkeit sozialer Medien, dem Zweck der Kommunikation sowie den verschiedenen Phasen eines Hochwassers.

Hier bestätigte sich ein bekanntes Muster aus früheren Befragungen von Ersthelfern, welches vorrangig durch die Eigenschaften der Medien geprägt ist: Während YouTube vor allem für Aspekte des Verhaltens vor einem Hochwasser (z.B. Sicherung der Wohnung) als besonders hilfreich bewertet wird, ist dies für die verbleibenden Medien erst für das abgefragte Verhalten nach einem Hochwasser (z.B. Koordination von Hilfe- und Aufräumarbeiten) der Fall.

Ein anderes Bild zeigt sich für den Informationsaustausch: Hier erzielt YouTube die höchsten Bewertungen für die Phase nach einem Hochwasser (z.B. Auswertung des Geschehens), wohingegen die höchste Nützlichkeit der anderen Medien während des Hochwassers (z.B. Organisieren von Hilfeleistungen) gesehen wird. Es lässt sich festhalten, dass die Nutzer genau differenzieren, welches soziale Medium in welcher Phase eines Hochwassers für welche Zwecke am hilfreichsten ist. Unabhängig vom Kommunikationszweck erzielten auch hier Facebook und die Messenger-Dienste die höchsten Bewertungen.

Das Wissen um die Einstellungen der Nutzer gegenüber den sozialen Medien wird dazu beitragen, diese im Rahmen von Krisen- und Katastrophensituationen zukünftig gezielter und effizienter nutzen und somit noch schneller reagieren zu können.

Steckbrief

Titel (deutsch): Einsatz sozialer Medien in Krisen- und Katastrophensituationen
Titel (englisch): Use of social media in disaster situations
Erhebungszeitraum: 10/2014–11/2014
Stichprobe (effektiv): 1.090
Stand der Informationen: 13.02.2015

Weitere Informationen

Projekt iSAR+

Dipl.-Psych. Pinar Kuecuekbalaban

Dr. Daniela Knuth

Prof. Dr. Silke Schmidt

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