Pfrang, Thilo; Emrich, Oliver; Rudolph, Thomas & Evanschitzky, Heiner

Retourensenkung im Online-Handel

Das Potenzial von Eigennutzen und sozialen Normen

Mit dem zunehmenden Wachstum des Onlinehandels steigt auch die Zahl der Retouren. Viele Online-Händler zeigen sich diesbezüglich sehr kulant gegenüber ihren Kunden. Großzügige Rücksendebedingungen können die Zufriedenheit erhöhen, indem sie Vertrauen aufbauen und ein Qualitätssignal darstellen. Die Kulanz hat sich jedoch auch als Auslöser für hohe Retourenquoten erwiesen und bereitet Nährboden für Missbrauch. Die Schwelle, an welcher die Kosten für Retouren deren Nutzen übersteigen, ist bei vielen Online-Händlern längst erreicht, wenn nicht gar überschritten. Vor allem betrügerische Retouren (z.B. das Zurücksenden von benutzter Ware) verursachen hohe Kosten. Aus Händlersicht stellt sich somit die Frage, wie man das Rücksendeverhalten direkt beeinflussen kann, ohne Kunden zu verprellen, Rücksendebedingungen zu verschärfen oder monetäre Anreize bieten zu müssen.

Obwohl soziale Normen und Eigennutzen-Anreize als Ansätze zur Verhaltensänderung in vielen Bereichen etabliert sind, wurden sie zur Ansprache von Online-Kunden bisher weder verwendet noch erforscht. Experimentelle Untersuchungen zur Wirkung von Anreizen gegen Retouren sind nicht Bestandteil bisheriger Forschung zum Rücksendeverhalten. Die vorliegende Studie adressiert diese Forschungslücke, indem sie die Wirkung von sozialen Normen und Eigennutzen auf die Rücksende- und Kaufabsicht unter verschiedenen Ausprägungen betrügerischer Neigung seitens der Konsumenten untersucht. Daraus entstehen erste Erkenntnisse über die Wirkung einer transformierten Kundenansprache mit Eigennutzen- und Norm-Anreizen auf das Rücksendeverhalten.

Das Experiment bestand aus einer Priming-Methodik (Pronomen-Suchaufgabe), sowie einem Online-Shopping-Szenario. Die Pronomen-Suchaufgabe variierte zwischen Pronomen der ersten (z.B. ich, meine, mir), sowie der dritten (er, seine, sie, ihre) Person Singular. Sie stellt eine etablierte Methodik in der Psychologie dar und diente in der „erste-Person“-Bedingung dazu, opportunistische Gedächtnisinhalte zu aktiveren, die einer situativ betrügerischen Neigung gleichkommen. Das Online-Shopping-Szenario variierte für jeden Probanden zwischen Eigennutzen-, Norm- und Kontrollanreiz. Anschließend folgte die Erfassung der abhängigen Variablen wie Rücksende- und Kaufabsicht, sowie der Manipulationschecks und zusätzlichen Einflussfaktoren anhand einer Befragung.

Die Ergebnisse des Experiments zeigen, dass soziale Normen und Eigennutzenanreize die Rücksendeabsicht von opportunistisch veranlagten Kunden senken können, ohne die Kaufabsicht zu beeinträchtigen. Die retourensenkende Wirkung der Anreize war besonders stark, wenn opportunistisch veranlagte Kunden auch situativ opportunistisch aktiviert waren. Diese Resultate deuten darauf hin, dass Norm- und Eigennutzen-Anreize vor allem bei Kundensegmenten wirken könnten, welche für Online-Händler besonders hohe Kosten verursachen.

Steckbrief

Titel (deutsch): Retourensenkung im Online-Handel – Das Potenzial von Eigennutzen und sozialen Normen
Titel (englisch): Reducing Returns in E-Commerce – The Potential of Self-Benefits and Social Norms
Erhebungszeitraum: 05/2014–06/2014
Stichprobe (effektiv): 1.188
Stand der Informationen: 30.10.2014

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