Sarközi, M.

Fragereiheneffekte bei Online-Befragungen

Bei der standardisierten Befragung handelt es sich um eine für die sozialwissenschaftliche Forschung unverzichtbare Datenerhebungsmethode. Aufgrund methoden- und gegenstandsspezifischer Eigenschaften ergeben sich für den jeweiligen Messvorgang der verschiedenen Befragungsformen allerdings eine ganze Reihe potentieller Fehlerquellen (vgl. Diekmann 2010: 434f). Zu den Verursachern von Antwortverzerrungen gehört auch das zugrundeliegende Messinstrument selbst. Ein Teilgebiet jener durch das Erhebungsinstrument bedingten Störeinflüsse stellen die sogenannten "Fragereiheneffekte" dar. Ein solcher Effekt liegt vor, wenn die Reihenfolge, in welcher die Fragen in einer Befragungssituation gestellt werden, die Beantwortung derselben durch die Befragten beeinflusst. Fragereiheneffekte waren und sind Gegenstand umfassender theoretischer und empirischer Untersuchungen, unter denen vor allen die Arbeiten von Norbert Schwarz, Fritz Strack und Leonard L. Martin grundlegende Einsichten brachten. Die Autoren gehen davon aus, dass eine befragte Person im Befragungsprozess mehrere Aufgaben zu bewältigen hat. Für eine Untersuchung von Fragereiheneffekten sind dabei die Schritte des Abrufs von Informationen aus dem Gedächtnis sowie der Nutzung dieser zur Urteilsbildung von Bedeutung. Informationen können den Befragten demnach chronisch oder situativ leicht verfügbar sein. Situativ leicht verfügbare Informationen bilden nun die Grundlage von Effekten der Fragereihenfolge, da - den Autoren zufolge - solche Informationen durch spezielle Fragen eines Fragebogens aktiviert und bei der Beantwortung inhaltlich ähnlicher allgemeinerer Fragen Verwendung finden können. Gleichen sich die Antworten einander an, so spricht man von einem „Assimilationseffekt“ (vgl. Schwarz 1991).

In der vorliegenden Untersuchung wurden die theoretischen Ausführungen der Autoren nun auf den bisher in dieser Hinsicht noch unbeachteten Bereich der Online-Befragung angewandt. Mithilfe des Socio-Scientific-Panels wurde ein Methodenexperiment durchgeführt, welches der Überprüfung einer Hypothese zum Auftreten des Assimilationseffekts der Fragereihenfolge diente. Das Experiment fand in Form einer Befragung zur „Lebenssituation von Studenten in Deutschland“ statt, an welcher effektiv 329 Probanden teilnahmen. Es wurde, den theoretischen Überlegungen folgend, erwartet, dass das Vorliegen einer bestimmten Fragereihenfolge - unter sonst gleichen Bedingungen - einen Assimilationseffekt zur Folge hat.

Der von der Hypothese vorhergesagte Unterschied zwischen Versuchs- und Kontrollgruppe blieb allerdings aus. Dies ist insofern bemerkenswert, als die theoretischen Annahmen, welche der Hypothese zugrunde liegen, als gut bewährt gelten. Es ist somit anzunehmen, dass Online-Befragungen noch näher zu bestimmende spezifische Eigenheiten aufweisen, die eine unreflektierte Übernahme als gesichert geltender methodischer Kenntnisse nicht ohne Weiteres erlauben.

Literatur


Diekmann, A., 2010: Empirische Sozialforschung. Grundlagen, Methoden, Anwendungen. Hamburg: Rowohlt.

Schwarz, N., 1991: In welcher Reihenfolge fragen? Kontexteffekte in standardisierten Befragungen. ZUMA-Arbeitsbericht. Bd. 1991/16. http://nbnresolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-68996.

Steckbrief

Titel (deutsch): Fragereiheneffekte bei Online-Befragungen
Titel (englisch): Halo Effects in Online Surveys
Erhebungszeitraum: 05/2013
Stichprobe (effektiv): 329
Stand der Informationen: 13.09.2013

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Marcel Sarközi

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