Weinmann, Carina

Enjoy Politics, it’s Interesting!

Inwiefern entwickeln Nutzer/innen politischer Satiresendungen ein Interesse an Politik?

Politische Unterhaltungs- und speziell Satiresendungen spielen in den USA schon seit längerer Zeit eine wichtige Rolle im politischen Alltag der Bürger/innen (Gray, Jones, & Thompson, 2009). Besonders für die junge Generation sind sie nicht selten die einzige politische Informationsquelle (Bauer, 2004; Hollander, 2005). Mit dem Start der heute-show im Jahre 2009, die an das amerikanische Politsatire-Flaggschiff The Daily Show angelehnt ist, hat dieses Genre auch hierzulande an Popularität gewonnen (Kleinen-von Königslöw & Keel, 2013).

Zwar war die heute-show bislang noch nicht Gegenstand empirischer Untersuchungen, allerdings haben bereits zahlreiche Studien US-amerikanischer Autoren die (potentiellen) Wirkungen von politischer Satire untersucht – von Einstellungsänderungen bis hin zu mehr politischer Beteiligung. Die Ergebnisse waren teils widersprüchlich (z. B. Baumgartner & Morris, 2006; Becker, 2011; Cao & Brewer, 2008; Hoffman & Young, 2011; Kim & Vishak, 2008; Young, 2004). Ein Effekt wurde jedoch mehrfach bestätigt: Zuschauer/innen informieren sich nach den Ansehen einer Sendung im Nachhinein weiter über die darin vorkommenden Themen (z. B. Cao, 2010; Feldman & Young, 2008; Xenos & Becker, 2009). Diese Erkenntnis legt nahe, dass politische Satire im Stande sein könnte, bei Zuschauer/innen Interesse an politischen Themen zu wecken. Politisches Interesse als abhängige Variable wurde in der politischen Kommunikationsforschung jedoch bislang weitgehend vernachlässigt. Darüber hinaus gibt es innerhalb der Forschung bisher kaum Erkenntnisse darüber, wie politisches Interesse bei einer Person überhaupt entsteht (Prior, 2010).

Die Fragestellung dieser Studie lautet deshalb: Inwiefern tragen politische Satiresendungen zum politischen Interesse von Zuschauern bei?

Theoretisch stützt sich die Arbeit auf die Emotion-Attribution Theory of Interest (Silvia, 2006), welche aus emotionspsychologischer Perspektive erklärt, wie Menschen Interesse an Dingen, Geschehnissen oder Themen entwickeln. Die Theorie geht davon aus, dass das Entstehen von Interesse von zwei Faktoren abhängt: erstens, wie überraschend, neu und komplex Menschen ein Objekt bewerten und zweitens, inwiefern sie sich selbst in der Lage dazu sehen, damit umzugehen und es zu verstehen.

Im Rahmen eines experimentellen Designs wurden am Beispiel der heute-show und eines bestimmten politischen Themas – der Frauenquote – zum einen diese theoretischen Grundannahmen überprüft. Zum anderen wurde untersucht, inwiefern bestimmte Bedingungen auf Seiten der Show sowie der Zuschauer/innen das Eintreten der Voraussetzungen für Interesse begünstigen können. So sahen zwei Experimentalgruppen jeweils einen Ausschnitt der heute-show: Ein Ausschnitt wies ein hohes, ein zweiter ein niedriges Ausmaß an Neuheit und Komplexität auf. Der Kontrollgruppe wurde ein Ausschnitt der Sendung Abenteuer Forschung gezeigt. Zusätzlich wurde das Sample von 303 Teilnehmer/innen entlang ihres gefühlten Vorwissens über das Thema Frauenquote aufgeteilt (hoch vs. niedrig).

Es stellte sich heraus, dass das Interesse am Thema Frauenquote tatsächlich von den beiden Faktoren abhängt, welche die Emotion-Attribution Theory of Interest voraussagt. Zusätzlich konnte festgestellt werden, dass die wahrgenommene Neuheit und Komplexität des Ausschnitts die wahrgenommene Neuheit und Komplexität des Themas positiv beeinflusst. Außerdem zeigte sich, dass das Ausmaß an gefühltem Vorwissen vorhersagt, inwieweit sich Zuschauer/innen im Stande fühlen mit dem Thema umzugehen. Letztlich wurde die Vermutung bestätigt, dass das Ausmaß, in dem sich Zuschauer/innen durch den Ausschnitt unterhalten fühlen, einen positiven Einfluss auf ihr Interesse an dem Thema hat.

Literatur

Bauer, D. (2004). And now the news: For many young viewers, it’s Jon Stewart. Retrieved from http://today.msnbc.msn.com/id/4400644/ns/today-entertainment/t/now-news-many-young-viewers-its-jon-stewart/#.UJa0HobyFXw

Baumgartner, J. C., & Morris, J. S. (2006). The Daily Show effect: Candidate evaluations, efficacy, and American youth. American Politics Research, 34, 341–367. doi:10.1177/1532673X05280074

Becker, A. B. (2011). Political humor as democratic relief? The effects of exposure to comedy and straight news on trust and efficacy. Atlantic Journal of Communication, 19, 235–250. doi:10.1080/15456870.2011.622191

Blumler, J. G., & Kavanagh, D. (1999). The third age of political communication: Influences and features. Political Communication, 16, 209–230. doi:10.1080/105846099198596

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Cao, X. (2010). Hearing it from Jon Stewart: The impact of The Daily Show on public attentiveness to politics. International Journal of Public Opinion Research, 22, 26–46. doi:10.1093/ijpor/edp043

Cao, X., & Brewer, P. R. (2008). Political comedy shows and public participation in politics. International Journal of Public Opinion Research, 20, 90–99. doi:10.1093/ijpor/edm030

Feldman, L., & Young, D. G. (2008). Late-night comedy as a gateway to traditional news: An analysis of time trends in news attention among late-night comedy viewers during the 2004 presidential primaries. Political Communication, 25, 401–422. doi:10.1080/10584600802427013

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Hoffman, L. H., & Young, D. G. (2011). Satire, punch lines, and the nightly news: Untangling media effects on political participation. Communication Research Reports, 28, 159–168. doi:10.1080/08824096.2011.565278

Hollander, B. A. (2005). Late-night learning: Do entertainment programs increase political campaign knowledge for young viewers? Journal of Broadcasting & Electronic Media, 49, 402–415. doi:10.1207/s15506878jobem4904_3

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Kleinen-von Königslöw, K., & Keel, G. (2013). Localizing The Daily Show: The heute show in Germany. In G. Baym & J. P. Jones (Eds.), News parody and political satire across the globe (pp. 65–78). London, New York: Routledge.Mazzoleni, G., & Schulz, W. (1999). "Mediatization" of politics: A challenge for democracy? Political Communication, 16, 247–261. doi:10.1080/105846099198613

Prior, M. (2010). You’ve either got it or you don’t? The stability of political interest over the life cycle. The Journal of Politics, 72, 747–766. doi:10.1017/S0022381610000149

Schulz, W. (2008). Politische Kommunikation: Theoretische Ansätze und Ergebnisse empirischer Forschung (2nd ed.). Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.

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Xenos, M. A., & Becker, A. B. (2009). Moments of Zen: Effects of The Daily Show on information seeking and political learning. Political Communication, 26, 317–332. doi:10.1080/10584600903053569

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Steckbrief

Titel (deutsch): Enjoy Politics, it’s Interesting! – Inwiefern entwickeln Nutzer/innen politischer Satiresendungen ein Interesse an Politik?
Titel (englisch): Enjoy Politics, it’s Interesting! – How Do Political Satire Programs Contribute to Viewers‘ Interest in Politics?
Erhebungszeitraum: 04/2013–05/2013
Stichprobe (effektiv): 303
Stand der Informationen: 17.07.2013

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Carina Weinmann, Uni Mannheim

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