Vitera, Jan

Das Erleben von Bindungen gegenüber dem Unternehmen, dem Vorgesetzten und dem Arbeitsteam

Wie Personen ihre Bindungen im Arbeitskontext erleben, ist nicht nur relevant für Unternehmen, die ihre Mitarbeiter langfristig halten möchten. Vor allem aus der Perspektive der Personen selbst sind die Erlebensweisen ihrer Bindungen von großer Bedeutung, denn sie spiegeln die Qualität der persönlichen Arbeitssituation wieder.

Möchte man die Bindungen von arbeitstätigen Personen innerhalb von Fragebögen bestimmen, müssen zunächst zwei Dinge spezifiziert werden. Erstens, gegenüber welcher Person, Gruppierung oder Institution besteht eine Bindung. Die Teilnehmer der Untersuchung konnten hierbei zwischen ihrer Organisation, ihrem Vorgesetzen und ihrem Arbeitsteam wählen. Zweitens, was sind die charakteristischen Merkmale, die das persönliche Erleben der Bindung auszeichnen. Auf der Grundlage des theoretischen Ansatzes von Klein, Molloy und Brinsfield (2012) wurden Skalen für verschiedene Bindungstypen entwickelt. Die Typen unterscheiden sich dahingehend, ob im Erleben der Person eher resignative Aspekte zum Ausdruck kommen, die Bindung das Ergebnis einer Abwägung von Kosten und Nutzen einer Trennung vom Bindungsziel sind, oder ob Personen eine innere Verbundenheit und Verantwortlichkeit erleben und sich dem Bindungsziel mit Engagement zuwenden.

Das erste Ziel der Studie war es, eine Aussage über die psychometrischen Eigenschaften der entwickelten Bindungsskalen zu treffen. In diesem Zusammenhang sollte die Anwendbarkeit der Skalen auf die drei verschiedenen Bindungsziele (Organisation, Vorgesetzter, Arbeitsteam) überprüft werden. Die Ergebnisse verweisen auf hohe bis sehr hohe interne Konsistenzen aller Skalen (Cronbach‘s alpha ≥ .80). Die Dimensionalität des Bindungserlebens wurde mittels exploratorischen und konfirmatorischen Faktorenanalysen geprüft und wies die theoretisch erwartete Struktur auf.

Das zweite Ziel der Studie war es, die Untersuchungsteilnehmer verschiedenen Bindungstypen zuzuordnen und Unterschiede zwischen diesen Typen zu bestimmen. In einem ersten Schritt wurde die Gesamtstichprobe (N= 2239) danach aufgeteilt, welchem Bindungsziel sich die Teilnehmer gewidmet haben. Die Mehrzahl der Teilnehmer empfand die Bindung zu ihrem Arbeitsteam am bedeutsamsten für ihre Arbeitssituation (N=1144), gefolgt von der Bindung zur Organisation (N=711) und der Bindung zum Vorgesetzten (N=384). Innerhalb dieser Gruppen wurden die Teilnehmer in einem zweiten Schritt unterschiedlichen Bindungstypen zugeordnet. Hierzu wurden latente Profilanalysen gerechnet. Die Gruppen unterscheiden sich darin, welche Erlebensweisen der Bindung besonders stark ausgeprägt sind (z. B. hohe Resignation und geringe innere Verbundenheit). Über alle Bindungsziele hinweg zeigten sich konsistente Unterschiede zwischen den verschiedenen Bindungstypen. Im Konkreten unterscheiden sich Untersuchungsteilnehmer, deren Bindung durch eine starke Verbundenheit und Engagement gegenüber dem Bindungsziel gekennzeichnet ist, von Teilnehmern, deren Bindung durch Resignation oder ein bloßes Hinnehmen der Situation geprägt ist, in folgenden Punkten: (1) Der Arbeitsplatz wird allgemein als sicherer erlebt. (2) Die Beziehung zum Bindungsziel ist stärker geprägt durch Wertschätzung, Anerkennung und Unterstützung. (3) Die eigene Arbeitstätigkeit ist stärker motiviert durch persönliches Interesse und Freude statt durch materielle Anreize. (4) Die Arbeitszufriedenheit ist höher. (5)Die Absicht, sich in näherer Zukunft einen neuen Arbeitgeber zu suchen, ist schwächer ausgeprägt. (6) Diese Teilnehmer neigen stärker dazu, sich über das Geforderte hinaus zu engagieren.

Bezieht man die Größe der statistischen Effekte in die Interpretation der Befunde mit ein, dann lässt sich insgesamt schlussfolgern, dass positive wertschätzende und unterstützende Beziehungen die Wahrscheinlichkeit erhöhen, mit der Personen eine innere Verbundenheit entwickeln und sich in der Folge für das Wohl und den Erfolg des Bindungsziels engagieren.

Literatur

Klein, H. J., Molloy, J. C., & Brinsfield, C. T. (2012). Reconceptualizing workplace commitment to redress a stretched construct: Revisiting assumptions and removing confounds. Academy of Management Review, 37(1), 130–151.

Steckbrief

Titel (deutsch): Das Erleben von Bindungen gegenüber dem Unternehmen, dem Vorgesetzten und dem Arbeitsteam
Titel (englisch): Distinct types of bonds to the organization, the supervisor and the work team
Erhebungszeitraum: 04/2013
Stichprobe (effektiv): 2.239
Stand der Informationen: 07.06.2013

Weitere Informationen

Homepage Jan Vitera

Kontakt

Jan Vitera

© 2009-2024 SoSci Panel