Mai, Lisa

Lösungsjournalismus als Strategie zur Förderung umweltfreundlicher Verhaltensweisen

Medienberichterstattung ist häufig negativ und konkrete Lösungen für gesellschaftliche Herausforderungen, wie den Klimawandel, werden in Nachrichtenartikeln selten thematisiert (Hackett et al., 2017). Wenn jedoch Probleme und Negativität im Vordergrund stehen, kann dies zu negativen Gefühlen und Nachrichtenvermeidung bei Nutzer:innen führen (Hein, 2015; Kinnick et al., 1996; Newman et al., 2023). Erste Studien zum Lösungsjournalismus – der nicht nur Probleme, sondern auch konstruktive Lösungen aufzeigten (Solutions Journalism Network, o.J.) – legen nahe, dass sich die Verwendung von Lösungen in Nachrichtenartikeln vorteilhaft auf Emotionen (z.B. McIntyre, 2015), Interesse am Artikelthema (z.B. Meier, 2018) und (z.B. prosoziale, umweltfreundliche) Verhaltensabsichten (z.B. McIntyre, 2017; Said & Wölfl, 2023) auswirken können. Jedoch ist die Studienlage teilweise widersprüchlich: Zunächst ist unklar, ob Lösungsgeschichten mit einer narrativen Aufbereitung im Unterschied zu Lösungsgeschichten mit einer rein faktischen Aufbereitung, die Zustimmung zu politischen Klimaschutzmaßnahmen und persönliche, umweltfreundliche Verhaltensabsichten positiv beeinflussen. Zweitens sind die psychologischen Mechanismen unklar, die mögliche Effekte von Lösungsjournalismus erklären (hier wurden Hoffnung, Narrative Transportation und Selbstwirksamkeit untersucht). Daher erforschte diese Arbeit inwiefern eine narrative Aufbereitung und Hinweise zu Lösungen in der Berichterstattung klimafreundliches Handeln fördern können und welche vermittelnde Rolle narrative Transportation, Selbstwirksamkeit und Hoffnung dabei haben.

Methode

Teilnehmende wurden zufällig einer von vier Experimentalgruppen (EGs) zugewiesen (EG1: keine Lösung & kein Narrativ, EG2: rein lösungsjournalistisch, kein narrativ, EG3: rein narrativ, keine Lösung, EG4: Lösung & Narrativ). Zunächst beantworteten Teilnehmende Fragen zu ihren Einstellungen zum Klimawandel und zu Sozialleistungen in Deutschland sowie ihrer Mediennutzung und -vertrauen. Alle Gruppen lasen danach einen der Nachrichtenartikel und beantworteten anschließend die Fragen zur narrativen Transportation, umweltfreundlichen Verhaltensabsichten und ihrer Zustimmung zu politischen Klimaschutzmaßnahmen, Hoffnung und Selbstwirksamkeit, und machten Angaben zur Demografie und ihrem politischen Status (politische Ideologie, Parteiidentifikation).

Ergebnisse

Die Ergebnisse zeigen, dass der rein lösungsjournalistische Artikel weder direkt umweltfreundliche Verhaltensintentionen und die Zustimmung zu den Klimaschutzmaßnahmen erhöhte, weder vermittelt über Hoffnung, narrative Transportation, noch über Selbstwirksamkeit. Dagegen führte das Lesen des rein narrativen Artikels zu erhöhter narrativer Transportation und Selbstwirksamkeit und somit indirekt zu stärkeren umweltfreundlichen Verhaltensintentionen und höherer Zustimmung zu den Klimaschutzmaßnahmen.

Durch die positiven Effekte des narrativen lösungsjournalistischen Artikels (vermittelt via Selbstwirksamkeit und narrativer Transportation) wird verdeutlicht, dass Lösungen nur mithilfe von Narrativen wirkungsvoll kommuniziert werden konnten.

Ferner wurden eher links- und moderat-politisch orientierte Personen tendenziell durch Selbstwirksamkeit zu umweltfreundlichem Handeln motiviert, während eher rechts- und moderat-politisch orientierte Teilnehmende mehr auf narrative Transportation ansprachen. Zudem erhöhte sich Hoffnung nur bei eher links- und moderat-politisch orientierten Personen, nachdem sie den rein narrativen Artikel lasen.

Literatur

Hackett, R., Forde, S., Gunster, S., & Foxwell-Norton, K. (2017). Journalism and climate crisis: Public engagement, media alternatives (1. Aufl.). Routledge.

Hein, D. (2015, 10. September). Zuschauer wünschen sich mehr „Constructive News“. HORIZONT. https://www.horizont.net/medien/nachrichten/RTL-Umfrage-Zuschauer-wuenschen-sich-mehr-Constructive-News--136308

Kinnick, K. N., Krugman, D. M., & Cameron, G. T. (1996). Compassion fatigue: Communication and burnout toward social problems. Journalism & Mass Communication Quarterly, 73(3), 687–707. https://doi.org/10.1177/107769909607300314

McIntyre, K. (2015). Constructive journalism: The effects of positive emotions and solution information in news stories [Dissertation, University of North Carolina]. ProQuest. https://www.proquest.com/openview/3c44a16955cc8326a73c121293e7d23c/1?cbl=18750&pq-origsite=gscholar&parentSessionId=K6dBgbV%2F8%2Bh4ptPxic3fJVCXP3TNrET

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McIntyre, K. (2017). Solutions journalism: The effects of including solution information in news stories about social problems. Journalism Practice, 13(1), 16–34. https://doi.org/10.1080/17512786.2017.1409647

Meier, K. (2018). How does the audience respond to constructive journalism? Journalism Practice, 12(6), 764–780. https://doi.org/10.1080/17512786.2018.1470472

Newman, N., Fletcher, R., Eddy, K., Robertson, C. T., & Nielsen, R. K. (2023). Reuters Institute: Digital news report 2023. Reuters Institute for the Study of Journalism. https://reutersinstitute.politics.ox.ac.uk/sites/default/files/2023-06/Digital_News_Report_2023.pdf

Said, N., & Wölfl, V. (2023). Impact of constructive narratives about climate change on learned helplessness and motivation to engage in climate action [Preprint]. Open Science Framework. https://doi.org/10.31219/osf.io/fq2bt

Solutions Journalism Network. (o. J.). What is solutions journalism? Abgerufen 19. Dezember 2023, https://www.solutionsjournalism.org/about/solutionsjournalism

Steckbrief

Titel (deutsch): Lösungsjournalismus als Strategie zur Förderung umweltfreundlicher Verhaltensweisen
Titel (englisch): Solutions journalism as a strategy for promoting pro-environmental behavior
Erhebungszeitraum: 11/2023–12/2023
Stichprobe (effektiv): 803
Stand der Informationen: 06.04.2024

Weitere Informationen

https://www.christianvonsikorski.net/

https://psy.rptu.de/aes/ikm/politische-psychologie/team

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