Christen, Susanna

Snacking

Ein Phänomen des Homeoffice? – Emotionales Essen und Einsamkeit am Heimarbeitsplatz

Die Arbeit im Homeoffice und weitere kontakteinschränkende Maßnahmen zum Schutz vor dem Coronavirus bestimmten in den letzten Jahren den Alltag vieler Menschen. Bis heute findet mehr Arbeit im Homeoffice statt als jemals zuvor. Gleichzeitig haben Snacking (Essen und Trinken außerhalb der Hauptmahlzeiten) und das Körpergewicht vieler Menschen deutlich zugenommen. Wie ausgeprägt Snacking im Homeoffice tatsächlich ist und ob es im Zusammenhang mit Einsamkeit steht, ist bisher unklar. Unbekannt ist auch, welche Bedeutung Emotionales Essen als emotionsregulierender Prozess in der Beziehung zwischen Einsamkeit und Snacking im Homeoffice hat.

Einsamkeit kann ein zentraler Nachteil des Homeoffice kann. Diesem Risiko kam im Kontext der pandemiebedingten Kontakteinschränkungen eine verstärkte Bedeutung zu. Um mit Einsamkeit zurechtzukommen, können Menschen unterschiedliche Strategien nutzen, so dass die Differenz zwischen den tatsächlichen und den gewünschten sozialen Kontakten ausgeglichen wird. Im Rahmen der coronabedingten kontaktbegrenzenden Maßnahmen wurde deutlich, dass einige Menschen vermehrt zu Snacks greifen. Emotionales Essen (gesteigertes Essverhalten zur Regulation negativer Emotionen) steht in Zusammenhang mit Einsamkeit. Auch bei Kontaktreduktionen zeigt sich die Tendenz, dass negative Emotionen mit einer erhöhten Nahrungsaufnahme einhergehen. Gleichzeitig ist bekannt, dass der vermehrte Konsum von Snacks mit Emotionalem Essen in Verbindung steht. Allerdings gibt es nur vereinzelt wissenschaftliche Erkenntnisse über das Snacking am Arbeitsplatz und im Homeoffice. Sie lassen aber vermuten, dass Snacking im Homeoffice eine besondere Bedeutung hat. Daher stellt sich die Frage, inwieweit die Ausprägung von Einsamkeit die Snackhäufigkeit im Homeoffice vorhersagen kann und welche Bedeutung Emotionales Essen in der Beziehung zwischen Einsamkeit und der Snackhäufigkeit im Homeoffice hat.

Methode

Um die Wechselwirkungen der Merkmale Einsamkeit, Snackhäufigkeit und Emotionales Essen zu überprüfen, wurde eine onlinebasierte Querschnittsbefragung durchgeführt. Die nicht-probabilistische Stichprobe aus dem offenen wissenschaftlichen Befragungspanel „Social Sciences Panel“ (SoSci Panel) setzte sich aus erwachsenen Beschäftigten, die im Homeoffice arbeiten, zusammen. Als Messinstrument wurde ein Fragebogen erstellt, der das Konstrukt Einsamkeit anhand der deutschen 6-Item Kurzskala von Gierveld & van Tilburg (2006) erfasste und das Konstrukt Emotionales Essen anhand des Inventars zum Essverhalten und Gewichtsproblemen von Diehl & Staufenbiel (2006). Die Snackanzahl wurde mittels einer selbst entwickelten Ad-hoc-Frage gemessen. Der Zusammenhang zwischen der Ausprägung von Einsamkeit und der Anzahl konsumierter Snacks im Homeoffice sowie der Ausprägung Emotionalen Essens wurde anhand einer Mediatoranalyse untersucht.

Ergebnisse

Im Gegensatz zu der Annahme eines Zusammenhangs zwischen der Arbeit im Homeoffice und Einsamkeit, zeigen die Ergebnisse dieser Untersuchung keinen Zusammenhang zwischen der Arbeit im Homeoffice und Einsamkeit. Auch wenn das Zusammenleben mit weiteren Personen im gleichen Haushalt sowie die Anwesenheit weiterer Personen während der Arbeit im Homeoffice berücksichtig wird, liefert das Modell keinen Erklärungsbeitrag für die Varianz bezüglich der Ausprägung von Einsamkeit.

Auch lässt sich durch die Ausprägung von Einsamkeit die Snackanzahl im Homeoffice nicht sicher voraussagen. Es zeigt sich jedoch, dass eine größere Ausprägung von Einsamkeit mit einer größeren Ausprägung Emotionalen Essens einhergeht. Darüber hinaus prägt sich Emotionales Essen stärker aus, je größer die Snackanzahl im Homeoffice ist. Zudem weisen die Ergebnisse darauf hin, dass Emotionales Essen ein partieller Mediator für den Zusammenhang zwischen Einsamkeit und der Snackanzahl im Homeoffice sein kann.

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Steckbrief

Titel (deutsch): Snacking: Ein Phänomen des Homeoffice? – Emotionales Essen und Einsamkeit am Heimarbeitsplatz
Titel (englisch):
Erhebungszeitraum: 12/2021
Stichprobe (effektiv): 536
Stand der Informationen: 01.04.2023

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